Inhalt Rechts

Rechte optische Spalte

Sprachauswahl

Dritte Spalte

Inhalt Mitte

Breadcrump Menü

Sie sind hier:

Hauptinhalt

.

Ratgeber für erfolgreiches Altern - 9.4

Springe zu
     
Unterscheidung der Pflegestufen und -leistungen
  


  
9.4 Pflegen Sie Hausgenossen möglichst professionell!
      

Vorbemerkung: Alle Fragen zur Pflege beantwortet das Service-Telefon: "Wege zur Pflege", des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen, Jugend, von Montag bis Donnerstag, von 9:00 bis 18:00 Uhr, unter 01801 / 507090 oder info@wege-zur-pflege.de. Oder Sie suchen unter: www.wege-zur-pflege.de sowie: www.familien-pflege-zeit.de.

Bei der Formulierung dieses Abschnitts gehe ich davon aus, dass Sie allein mit dem Pflegebedürftigen leben. Ist dem nicht so, dann gelten meine Ausführungen für alle, die an der Pflege beteiligt sind.

Mit "Pflege" meine ich die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Sinne von § 14 Absatz 4 Nr. 1 bis 3, bzw. Nr. 4 des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI), die von der Behandlungspflege nach dem Krankenversicherungsgesetz (SGB V) getrennt abgerechnet wird.

Wird einer Ihrer Hausgenossen pflegebedürftig, so beantrage er zunächst einen Schwerbehindertenausweis. Ihn braucht er schon wegen des Steuerfreibetrages, der ihm daraufhin zusteht. Welche weiteren Vergünstigungen er ihm gewährt, hängt vom "Grad der Behinderung" (GdB) ab.

Von nun an notieren Sie sich alles, was Sie für ihn tun und wieviel Zeit Sie dafür brauchen. Bei manchen Pflegekassen gibt es dafür ein Pflegetagebuch.

Bei einem Zeitaufwand von 10,5 Wochenstunden hat Ihr Hausgenosse einen Anspruch auf Pflegeleistungen nach Pflegestufe I, bei einem solchen von 21 Wochenstunden nach Pflegestufe II und bei einem solchen von 35 Wochenstunden nach Pflegestufe III.

In Pflegestufe I müssen 5,25 Stunden auf die "hauswirtschaftliche Versorgung" entfallen, in Pflegestufe II und III jeweils 7 Stunden, der Rest dagegen auf die "Grundpflege". Es kommt also nicht nur auf die Gesamtzeit, sondern auch auf die Einzelzeiten für hauswirtschaftliche Versorgung und Grundpflege an. Den Zeitaufwand für Kochen und Reinigungsarbeiten dürfen Sie auch ansetzen, wenn Ihr Hausgenosse selbst sich vorher nicht daran beteiligt hat oder Sie Essen auf Rädern, Tiefkühl-Frischmenüs oder Fertigmenüs beziehen.

Sobald Ihr Zeitaufwand es rechtfertigt, beantragt Ihr Hausgenosse Pflegeleistungen. Diese werden ab dem Monat des Antragseingangs gezahlt. Es wird ihn dann ein Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) besuchen, um die Richtigkeit Ihrer Angaben zu prüfen. Seien Sie bei der Befragung zugegen, um zu widersprechen, wenn Ihr Hausgenosse - wie das häufig geschieht - seinen Bedarf bagatellisiert. Machen Sie ihn zwar nicht pflegebedürftiger, als er ist, aber sorgen andererseits dafür, dass sein Bedarf richtig festgestellt wird. Er sollte nicht zeigen, was er noch kann, sondern was er nicht mehr kann.

Lehnt die Pflegekasse die Gewährung von Pflegeleistungen ab oder stuft Ihren Hausgenossen niedriger ein, als Sie das erwartet hatten, so lege er vorsorglich Widerspruch ein und bitte die Pflegekasse um eine Kopie des Gutachtens, um ihn begründen zu können. Bei der Begründung lasse er sich am besten vom Sozialverband VDK oder Sozialverband Deutschland (SoVD) helfen.

Bei den Pflegeleistungen wird unterschieden zwischen Pflegegeld und Sachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst. Sie betragen

- in Pflegestufe I

- 235,00 bzw. 450,00 Euro

- in Pflegestufe II

- 440,00 bzw. 1100,00 Euro

- in Pflegestufe III

- 700,00 bzw. 1550,00 Euro

Für besondere Härtefälle erhöht sich die Zahlung für Sachleistungen auf 1.918,00 Euro.

Pflegegeld und Sachleistungen lassen sich auch kombinieren, indem etwa zur "Großen Toilette" ein Pflegedienst kommt, während Sie im Übrigen selbst pflegen.

Besonderheiten gelten, wenn Ihr Hausgenosse ständig in ein Pflegeheim möchte oder gar muss. Sie sind hier aber ohne Belang.

Fraglich ist, ob die finanzielle Schlechterstellung von Pflegebedürftigen, die Geldleistungen beziehen, statt einen Pflegedienst in Anspruch zu nehmen, mit der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang steht (vgl. Degener, Zeitschrift für Behindertenrecht 2009, S.44 unter 5.) Wer vor einem Sozialgericht den Unterschiedsbetrag zwischen Geld- und Sachleistungen einzuklagen sollte, verständige mich bitte davon.

Steigt Ihr Zeitaufwand erheblich an, so notieren Sie ihn sich erneut und lassen Ihren Hausgenossen zu gegebener Zeit seine Höherstufung beantragen.

Decken die Sachpflegeleistungen nur einen Teil der Kosten, die Sie an den Pflegedienst zahlen müssen, so muss Ihr Hausgenosse für den Rest selbst aufkommen. Kann er das nicht, kann aber nach Vermögen und Einkommen Sozialhilfe in Anspruch nehmen, so beantrage er "Hilfe zur Pflege" nach § 61 SGB XII. Das gilt ebenso, wenn er zwar schon teilweise pflegebedürftig ist, aber überhaupt noch keine Pflegeleistungen erhält, also, wie es inoffiziell heißt, der Pflegestufe 0 angehört. Kann er dagegen die Kosten selbst tragen, so kann er sie möglicherweise steuerlich absetzen. Dazu wird es gut sein, zur Abgabe der ersten Steuererklärung, die Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.

Ist abzusehen, dass Ihr Hausgenosse nicht mehr allein aufstehen und sich auch sonst nicht mehr allein pflegen kann, so fragen Sie Ihre Pflegekasse, wo Sie in einem Kursus gesundheitsschonende Pflegetechniken erlernen können. Lassen Sie Ihrem Hausgenossen außerdem einen "höhenverstellbaren Lattenrost" verordnen. Er wird an Stelle des Sprungfederrahmens in das Bett gestellt. Sie können ihn nach Bedarf Ihres Hausgenossen beim Aufstehen und Hinlegen oder nach Bedarf der Krankengymnastin oder Masseurin insgesamt höher oder niedriger stellen sowie die einzelnen Teile verstellen, insbesondere das Kopfteil heben, falls Ihr Hausgenosse zum Trinken und Essen nicht aufstehen kann. Lassen Sie ihm in diesem Falle auch einen Pflegenachtschrank mit Pflegetisch, einen Beistelltisch oder einen Bett-Tisch (ein Tablett mit Füßchen) verordnen, je nachdem, womit Ihr Hausgenosse am besten zurecht kommt. Scheuen Sie sich außerdem nicht, ihn zu bitten, nunmehr aus einer Schnabeltasse zu trinken: er schließt mit einem Zeigefinger das Loch, durch welches Luft nachströmt, so dass er die Tasse in demjenigen Winkel zu seinem Munde bringen kann, in dem er trinken möchte und gibt dann den Luftstrom Schluck für Schluck frei, bis er genug getrunken hat. Fällt es Ihrem Hausgenossen schwer, das Trinkgefäß an den Mund zu führen, so halten Sie es ihm oder stellen es so hoch, dass er mit einem Strohhalm daraus trinken kann. Kann Ihr Hausgenosse nicht mehr allein aufstehen, oder fällt es ihm jedenfalls schwer, so besorgen Sie ihm als Mann eine "Urinflasche" und als Frau ein "Urinschiffchen". Um Stuhl aufzunehmen, eignet sich eine Bettpfanne, deren Verwendung jedoch höchst unbequem ist.

Hat Ihr Hausgenosse Mühe, allein zu gehen, so lassen Sie ihm einen Rollator verordnen; kann er überhaupt nicht mehr gehen, dann einen Rollstuhl und einen Toilettenstuhl. Lassen Sie sich letzterenfalls von einer Pflegefachkraft zeigen, wie Sie Ihren Hausgenossen unter Schonung Ihres Rückens helfen, in den Rollstuhl und auf den Toilettenstuhl zu gelangen und wieder zurück ins Bett.

All’ diese und noch viele andere Pflegehilfsmittel liefert Ihnen ein Sanitätshaus im Rahmen eines mit Ihrer Pflegekasse geschlossenen Vertrages. Am besten suchen Sie selbst in einem Sanitätshaus alles aus, was Ihrem Hausgenossen helfen könnte. Manche Pflegehilfsmittel kaufen Sie, während Sie andere nur mieten.

Der übliche Rollator ist sehr robust, weil er auch auf der Straße verwendet wird. Er geht nicht durch alle Türen und lässt sich nicht in jedem Bad wenden. In diesem Falle bitten Sie die Krankenkasse, Ihnen zusätzlich oder, wenn Ihr Hausgenosse das Haus nicht mehr verlassen kann, anstelle des üblichen einen schmaleren zu bewilligen, wie Sie ihn beispielsweise hier finden. Es kann sich empfehlen, für die Wohnung einen aus Buchenholz zu kaufen und den für die Straße unten im Treppenhaus abzustellen.

Ist Ihr Hausgenosse sturzgefährdet, so lassen Sie sich auch zeigen, wie Sie ihn unter Schonung Ihres Rückens aufheben, wenn Sie stark genug dazu sind. Lassen Sie ihm außerdem von seinem Hausarzt einen Hausnotruf verordnen (s.o. zu 9.3.1 und 9.3.2) und hängen ihm, wenn Sie das Haus verlassen, den Signalgeber um den Hals. So kann er, wenn nötig, die Rettungsleitstelle rufen. Ebenso können Sie es selbst, wenn Sie nicht stark genug sind, ihm allein aufzuhelfen.

Liegt Ihr Hausgenosse unbeweglich zu Bett, so können überall dort, wo er keine Fettpolster hat, Druckgeschwüre - Dekubitusgeschwüre - entstehen. Lesen Sie dazu den Nationalen Expertenstandard "Dekubitusprophylaxe in der Pflege". Druckgeschwüre lassen sich nur schwer behandeln. Dazu müssen Sie Ihren Hausgenossen öfter umlagern. Wie dies geschieht und wie oft es nötig ist, lassen Sie sich wiederum von einer Pflegefachkraft zeigen und sagen. Es hängt von der Empfindlichkeit seiner Haut ab.

Hat sich trotz allem ein Druckgeschwür gebildet, so konsultieren Sie eine Pflegefachkraft, die sich zum Wundtherapeuten hat weiterbilden lassen. Tun Sie das auch, wenn Ihr Hausgenosse an offenen Beinen leidet und sich jetzt nicht mehr selbst behandeln kann.

Lassen Sie ihm außerdem vom Hausarzt eine Antidekubitusmatratze verordnen, sind bereits Druckgeschwüre entstanden, eine solche mit Luftkammern (Wechseldrucksystem). Diese Luftkammern werden durch einen Motor automatisch abwechselnd befüllt und wieder entleert, sodass die Matratze, wenn auch nur unmerklich, laufend ihre Oberfläche verändert.

Kann jemand zwar noch aufstehen, tut dies aber im allgemeinen nicht mehr und bevorzugt eine bestimmte Lage, so sollte er wenigstens vorsorglich seine Haut an allen Stellen die fest aufliegen, wie Steißbein, Fersen, dem Ellbogen und Hüftknochen mit einer 10%-igen Urea-Lotion behandeln.

Fotografieren Sie den Rücken, die Hüften und die Fersen Ihres Hausgenossen, ehe er in ein Heim oder ein Krankenhaus verlegt wird, damit er, wenn sich dort ein Dekubitusgeschwür bildet, wegen Verletzung des Nationalen Standards zur "Dekubitusprophylaxe in der Pflege", ein Schmerzensgeld verlangen kann. Kontrollieren Sie gelegentlich, ob Hautstellen gerötet oder gar Geschwüre entstanden sind. Veranlassen Sie gegebenenfalls die Verlegung Ihres Hausgenossen in eine andere Einrichtung, wenn Beschwerden nicht helfen. Kann Ihr Hausgenosse seine Interessen noch selbst wahrnehmen, so sollte er jedoch auch seinerseits allmorgendlich an das Einreiben von Fersen, Steißbeingegend und Ellenbogen erinnern. Lebt Ihre Hausgenosse in einem Heim, so achten Sie ferner darauf, dass er auch im übrigen gut gepflegt wird. Das ist besonders wichtig, wenn er dement ist und sich selbst nicht mehr äußern kann.

Liegt Ihr Hausgenosse häufig oder gar ständig zu Bett, so verliert er schnell an Körperkraft und droht steif zu werden. Lassen Sie ihm deshalb Krankengymnastik und Massage verordnen mit der Zusatzverordnung, dass beides zu Hause zu geschehen habe.

Lassen Sie ihm in diesem Falle auch BronchoVaxom® (s.o. zu 9.1) verordnen.

Kann Ihr Hausgenosse nicht mehr genug trinken, so lässt er sich nach Beratung mit seinem Hausarzt eine PEG (Magensonde) legen, was minimal invasiv geschieht. Sie führen dann warmes Wasser über ein "Schwerkraftsystem", einen hohen Ständer, aus einem Plastikbeutel durch einen dünnen Schlauch, dessen Endstück Sie in den Sondeneingang drehen, ein. Öffnen Sie aber den Schieber am Schlauch nicht von vornherein ganz, sondern probieren durch allmählich weiteres Öffnen, wie schnell das Wasser laufen darf, ohne dass Ihrem Hausgenossen übel wird. Lässt das Ventil eine solche Regulierung nur schlecht zu, so hilft gegen die Übelkeit die Einnahme von Tabletten oder Tropfen, wie etwa Paspertin. Legen Sie zweimal wöchentlich um den Sondeneingang in die Bauchdecke eine neue Schlitzkompresse und behandeln den Eingang vorher mit einem Desinfektionsmittel, eventuell einer entzündungshemmenden Salbe.

Aus dem Plastikbeutel lösen sich gelegentlich winzige Teilchen, die den Schlauch oder den Sondeneingang verstopfen. Deshalb nehmen Sie nach der Befestigung des gehobenen Beutels das Schlauchende in den Mund, öffnen das Schlauchventil und saugen, bis Wasser kommt, schließen das Ventil wieder, drehen den Schlauch in den Sondeneingang, öffnen das Ventil an ihm und erneut das Schlauchventil. Läuft trotzdem kein Wasser, so vergewissern Sie sich, tatsächlich beide Ventile geöffnet zu haben. Trifft das zu, so ist der Sondeneingang verstopft. Schließen Sie beide Ventile, drehen den Schlauch heraus und spritzen den Sondeneingang mit Cola frei, das sich erfahrungsgemäß besser eignet als Wasser.

Konnte der Beutel leerlaufen, wie das glücklicherweise die Regel ist, wenn Sie vorher Wasser angesaugt haben, so heben Sie den Schlauch hoch, damit auch das Wasser aus der Schlinge noch in den Magen läuft, schließen das Eingangsventil, drehen den Schlauch heraus, nehmen ihn zum aussaugen der letzten Tropfen wiederum in den Mund, und schließen das Schlauchventil.

Um Cola einzuspritzen brauchen Sie eine Spritze und einen Adapter, der sich einerseits in die Spritze und andererseits in den Sondeneingang drehen lässt. Haben Sie die Spritze eingedreht, so öffnen Sie das Eingangsventil und spritzen. Verbinden Sie danach den Beutel wieder mit der Sonde. Fließt nach wie vor kein Wasser so spritzen Sie den Sondeneingang erneut frei und wechseln den Beutel. Haben Sie zu diesem Zweck stets Reservebeutel im Haus.

Ist Ihr Hausgenosse verschleimt und sollte deshalb nach Ansicht seines Hausarztes einen Hustenlöser nehmen, so lösen Sie diesen zunächst in warmem Wasser auf und gießen ihn zur anderen Flüssigkeit.

Kann Ihr Hausgenosse nicht mehr essen, so lesen Sie die Ausführungen unten zu 9.5.

Muss Ihr Hausgenosse Kompressionsstrümpfe tragen, hat aber Wasser nur in den Füßen, so achten Sie darauf, dass ihm entgegen den Gepflogenheiten Strümpfe angemessen werden, die 6 cm unterhalb der Kniekehle enden. Das erleichert es ihm, die Strümpfe, wenn Sie sie nicht selbst wechseln können, ununterbrochen mehrere Tage lang zu tragen, bis jemand kommt, der/die das kann.

Bitten Sie Ihren Hausarzt, Ihren Hausgenossen und Sie selbst gegen Grippe zu impfen, sobald er im September den neuen Impfstoff hat.

Um sich auch außerhalb der Rufweite Ihres Hausgenossen aufhalten zu können, stellen Sie in seinem Zimmer ein Babyphone auf, das über Funk arbeitet, und den Empfänger dort, wo sie ihn dann am besten hören. Am wenigsten störanfällig sind digitale Geräte nach DECT-Standard, die Sie über Online-Shops vielfach günstiger als im normalen Handel kaufen können.

Stellen Sie aber über der Pflege Ihre eigenen Bedürfnisse nicht allzu sehr zurück. Halten Sie es insbesondere für nicht selbstverständlich, Ihren Beruf aufzugeben. Möchte Ihr Hausgenosse zuhause bleiben, so muss er bereit sein, sich tagsüber durch Freunde, bezahlte Hilfskräfte oder ambulante Dienste pflegen zu lassen. Das Essen können Sie vorkochen, können Tiefkühl-Frischmenüs oder Fertigmenüs kaufen, die ihm jemand zur vereinbarten Zeit kocht oder erhitzt, oder "Essen auf Rädern" bestellen, wenn Sie einen Lieferanten finden, der es wirklich zur Mittagszeit liefert und es Ihrem Hausgenossen serviert.

Andererseits haben Sie aber die Möglichkeit, sich von Ihrem Arbeitgeber für die Dauer von maximal 6 Monaten für die Pflege Ihres Hausgenossen oder auch eines Angehörigen, mit dem Sie nicht in Hausgemeinschaft leben, beurlauben zu lassen. Die Einzelheiten ergeben sich aus §§ 3 ff. des Gesetzes über die Pflegezeit.

Tritt Pflegebedürftigkeit plötzlich ein, so haben Sie die Möglichkeit, Ihre Arbeit bis zu 10 Tagen zu unterbrechen, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Insoweit ergeben sich die Einzelheiten aus § 2 des genannten Gesetzes.

Prüfen Sie bei plötzlichem Eintritt des Pflegefalls, ob es in Ihrem Bundesland schon Pflegestützpunkte gibt, in denen Sie sich beraten lassen können.

Ist Ihr Hausgenosse harninkontinent, so beachten Sie meine Ausführungen oben zu 9.3.16. Lassen Sie ihm vom Hausarzt Slips verordnen, die den Harn aufsaugen. Ziehen Sie ihm neue an, indem Ihr Hausgenosse zunächst auf der Bettkante sitzt, Sie neben ihm auf dem Teppich knien, seine Füße hineinsetzen, sie beide dann aufstehen, wenn er es noch kann und Sie den Slip hochziehen. Kann er nicht mehr aufstehen, so lassen Sie sich von einer Pflegefachkraft zeigen, wie Sie den Slip wechseln. Sammeln Sie gebrauchte Slips in einem Eimer mit gut schließendem Deckel, um sie später zu entsorgen.

Ist Ihr Hausgenosse auch stuhlinkontinent, so verwenden sie nicht mehr Slips, sondern spezielle Inkontinenz-Einmalwindeln und legen eine "Wegwerf-Unterlage" in der Größe 90 x 60 cm unter. Lassen Sie Ihrem Hausgenossen alle diese Pflegemittel von seinem Hausarzt verordnen. Kann Ihr Hausgenosse den Slip nicht mehr selbst wechseln und sich nicht mehr selbst säubern und können auch Sie es nicht, so suchen Sie einen Pflegedienst, der so häufig kommt, wie es nötig ist, bedenken dabei allerdings die Kosten. Gegenwärtig kostet eine dreimalige Pflege täglich für 30 Tage etwa 2260,00 Euro, während Ihr Hausgenosse nur 1550,00 Euro für Sachleistungen erstattet bekommt. Vielleicht lassen sie sich darum lieber von einer Pflegefachkraft zeigen, wie Sie selbst Ihren Hausgenossen im Bett waschen, bei Ausscheidungen säubern, windeln und lagern. Reicht sein dafür verfügbares Geld nicht aus, das zu bezahlen, so beantragt Ihr Hausgenosse bei Vorliegen der Voraussetzungen "Hilfe zur Pflege" nach § 61 des SGB XII.

Fragen Sie den Pflegedienst, wenn Sie nicht selbst pflegen, immer wieder einmal nach geröteten Stellen. Geben Sie dem ambulanten Dienst, wenn er auch des Nachts oder sehr frühen Morgen kommen muss, einen Wohnungsschlüssel, so dass Sie ihm nicht immer die Tür öffnen müssen.

Sind sie aus irgend einem Grunde, auch um Urlaub zu machen, an der Pflege verhindert, können aber andere die Pflege in der Wohnung übernehmen, so hat Ihr Hausgenosse für 28 Tage je Kalenderjahr Anspruch auf "Verhinderungspflege" in Höhe von 1550,00 Euro = 55,36 Euro pro Tag. Wer ihn pflegt und im selben Hause wohnt, kann das Babyphone bei sich aufstellen und Ihr schnurloses Telefon mitnehmen. Sind Sie infolge einer Krisensituation wie etwa einer Krankheit verhindert, so kann sich Ihr Hausgenosse für 28 Tage je Kalenderjahr zur "Kurzzeitpflege" in eine vollstationäre Einrichtung begeben. In diesem Falle stehen Ihrem Hausgenossen also, bei geschickter Organisation, für insgesamt 56 Tage 3100,00 Euro zur Verfügung. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf §§ 39 und 42 des Pflegeversicherungsgesetzes.

Nimmt Ihr Hausgenosse Kurzzeitpflege in Anspruch, so lassen Sie wiederum vorher seinen Rücken, seine Hüften, seine Fersen und seine Ellenbogen fotografieren! Suchen Sie, aufgrund der von den Heimen veröffentlichten Qualitätsberichte, im Voraus für Ihn das dafür am besten qualifizierte Heim in Ihrer Nähe.

Die Pflegekasse bezuschusst auch vom MDK für erforderlich gehaltene Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen wie etwa die Umgestaltung des Bades oder den Einbau eines Treppenlifts( § 40 Absatz 4 des Pflegeversicherungsgesetzes). Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaft sind im Allgemeinen verpflichtet, seine Anbringung zu dulden. Hat Ihr Hausgenosse Anspruch auf Sozialhilfe, so kann er versuchen, die Übernahme der übrigen Kosten durch das Sozialamt zu erreichen. Außerdem könnten der Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft staatliche Zuschüsse beantragen, um das Haus barrierefrei zu machen. Fragen Sie Ihre Stadt- oder Kreisverwaltung danach.

Leidet Ihr Hausgenosse unter Schmerzen, so hat er gegen die Krankenkasse Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Ist Ihr Hausgenosse so schwer krank, dass Sie mit seinem Ableben rechnen müssen, so schalten Sie zu Ihrer Entlastung einen Hospizdienst ein. Den für Sie nächsten finden Sie unter www.wegweiser-hospiz-und-palliativmedizin.de/.Tun Sie das auch am Ende Ihres eigenen Lebens, zumal wenn Sie allein sind.

Trägt ihr Hausgenosse sich mit dem Gedanken, im Ausland aktive Sterbehilfe zu suchen, so halten Sie ihn mit dem Hinweis davon ab, dass er eine Palliativstation oder ein Hospiz aufsuchen könne, wo Fachkräfte ihn schmerzfrei stellten und ihn - ganz besonders in einem Hospiz - bis zu seinem friedlichen Ende begleiteten.

Weiteren Rat finden Sie bei www.pflegehilfe.de, dem kostenlosen Pflegeportal für Senioren rund um das Thema Seniorenwohnen & Pflege und in der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen unter www.pflege-charta.de, für Blinde und Sehbehinderte erhältlich auf Daisy-CD beim Deutschen Zentrum für Altersfragen (Tel. 030 / 26074090).

    
    
        

Weiter im Text   
  
Zurück zum Inhaltsverzeichnis

  

  
  
  



.