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Carl Strehl

Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Scholler

Carl Strehl
1886-1971

Professor Carl Strehl und seine internationale Arbeit auf dem Gebiet des höheren Blindenbildungswesens


Am 12. Juli 2006 war es 120 Jahre, dass Carl Strehl in Berlin geboren wurde, dem dieser kurze Abschnitt gewidmet ist. Allerdings wird gerade im Jahre 2006 in besonderer Weise an die Gründung des Vereins blinder Akademiker Deutschlands und der deutschen Blindenstudienanstalt vor rund 90 Jahren gedacht, die auf die Arbeit von Professor Carl Strehl und Professor Alfred Bielshowsky, dem Chef der Marburger Universitätsaugenklinik zurückgeht. Der Verein der blinden Akademiker Deutschlands war eigentlich der erste Versuch blinde Menschen zusammenzuführen, die einen akademischen Beruf oder zumindest einen Beruf mit höherer Bildung anstrebten. Es war das zweite Kriegsjahr, als beide Einrichtungen ins Leben traten, wenn auch die offizielle Gründungsfeier der deutschen Blindenstudienanstalt erst 1917 erfolgte. In den Augenklinken waren schon in den Jahren des ersten Weltkrieges eine unerwartet hohe Zahl an Kriegsblinden behandelt worden, die einen akademischen Beruf ausübten oder als Studenten oder Gymnasiasten angestrebt hatten. Carl Strehl, der aus der Sicht der Sonderpädagogik ein völliger Außenseiter war, durchbrach alle gängigen Vorurteile und stellte die Idee der Selbsthilfe in den Mittelpunkt seiner Theorie und Praxis. Er erkannte auch, dass der Punktdruck von wissenschaftlichen Werken der Ausgangspunkt des Zuganges zu akademischen Berufen war. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit in der nach ihm benannten Carl Strehl Schule der deutschen Blindenstudienanstalt war auch die Verbesserung der Maschinen zur individuellen Herstellung von Punktschrift oder zur Fabrikation von Punktschriftbüchern für die Hochschulbücherei in Marburg.

Der knappe Raum, der hier der Würdigung Carl Strehls zur Verfügung steht erlaubt es nicht all diesen Gedanken nachzugehen. Deshalb möchte ich nur einen bestimmten Aspekt von Carl Strehls internationaler Arbeit herausheben, die sehr schnell das für die höhere Blindenbildung namenlose Deutschland mit in die vorderste Reihe der Kulturnationen stellte. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, welchen eigenartigen Lebensweg er bis zum Jahr der Gründung der beiden großen Marburger Einrichtungen durchlaufen hat. In dieser Einleitung möchte ich ein bezeichnendes Erlebnis erwähnen, dass ich Anfang der 70 Jahre in Teheran hatte, wo ich zu einem internationalen Juristenkongress gereist war. Dort kam ich ins Gespräch mit einem jüngeren blinden Iraner, der mir von seiner erfolgreichen Universitätskarriere berichtete. Er hatte sich auf deutsche Philosophie spezialisiert; man machte ihm von seiner zuständigen Fakultät in Teheran die Auflage zu seiner mündlichen Prüfung eine Art Antrittsvorlesung mit einem deutschen philosophischen Werk zu beschäftigen, ich glaube, dass es ein Werk von Friedrich Nietzsche war. Natürlich gab es dieses Buch nicht in Blindenschrift. Er wandte sich telegraphisch an Strehl, erhielt das Buch und hielt einen glänzenden Vortrag. Der Dekan sagte ihm darauf: Sie müssen einen unglaublichen Freund in Deutschland haben.

Carl Strehl feierte noch bei voller Gesundheit seinen 85. Geburtstag; er starb am 18. August 1971. Über die Reden an seinem Grabe und die vielen Beileidsbekundungen vor allem aus dem Ausland geben die Veröffentlichungen im Horus 1971 S. 1-14 bewegende Auskunft.

Das Leben Carl Strehls

1. Jugend und Elternhaus

Carl Strehl wurde 1 1/2 Jahrzehnte nach der Gründung des Deutschen Reiches in der jungen Metropole dieser auf­strebenden Großmacht am 12. Juli 1886 geboren. Er war das 3te Kind des königlich preußischen ersten Brand­inspektors zu Berlin und Privatdozenten für Feuerlösch­wesen an der technischen Hochschule zu Charlottenburg, Carl Strehl und seiner Ehefrau Helene geb. Keilmann.

Wenn wir auch kaum mehr wissen, als diese knappen Angaben über das Elternhaus, so können wir doch daraus entnehmen, dass der Vater in seinem Beruf Technik und Theorie als Brand­inspektor und als Dozent an der technischen Hochschule ver­band. Dem Vater muss das Streben nach dem tieferen Ein­dringen in die Naturwissenschaft ein inneres Verlangen ge­wesen sein, war doch die Stelle eines Dozenten zur damaligen Zeit wie auch später kaum lohnend oder Erfolg versprechend.

Die aufstrebende technische Hochschule in Berlin und anderen Orten war zu Ende des vorigen Jahrhunderts dabei, Universitäten zu überflügeln und zog die lebhaften jüngeren Geister in ihren Bann.

Waren nicht kurz vor der Geburt Carl Strehls große Umwälzungen auf dem Gebiet der Technik in Deutschland bestaunt worden? Liefen nicht die ersten Automobile der Erfinder Daimler und Benz auf den deutschen Straßen? Waren nicht die Physik und besonders die junge Wissenschaft Chemie einen Siegeszug angetreten?

Der Beruf des Vaters als königlicher Brandinspektor und damit als Beamter des preußischen Staates brachte es mit sich, dass die Familie häufig den Wohnsitz wechseln musste. So führte der Beruf des Vaters die ganze Familie von Berlin weg, so dass Strehl nach dem anfänglichen Besuch der Schule in Altona später mit der Familie nach Gera, Insterburg und Köslin umziehen musste, um später wieder nach Berlin-Lichterfelde zurückzukehren. Da der Vater früh verstarb (Carl war gerade 8 Jahre alt) sandte die Mutter, die die vier minderjährigen Kinder alleine und mit bescheidenen Witwenbe­zügen großziehen musste, den sehr eigenwilligen Sohn Carl in die Kadettenanstalt, in der er aber nicht bleiben wollte. Diese Kadettenausbildung brach er un­mittelbar Ende 1900 ab, und ging mit 14 1/2 Jahre zur See.

Wir wissen wenig von dem, was den jungen Carl Strehl dazu bewogen haben mag, oder was vorgefallen war. Zwischen dem 15- und 20. Lebensjahr fuhr Strehl als Schiffsjunge oder Matrose 5 Jahre zur See auf deutschen, englischen und amerikanischen Schiffen. Diese Jahre mussten ungeheuer eindrucksvoll für ihn gewesen sein. Gerne erzählte er in den wenigen ruhigen Stunden seines späteren Lebens immer noch Seemannsgeschichten und spann sein Seemannsgarn.

Als er die Seefahrt verließ, ging er nicht nach Deutschland zurück, sondern er ließ Berlin, Deutschland und Europa hinter sich und betrat die neue Welt und ließ sich ein Jahr in New York nieder, wo er in einer chemischen Fabrik arbeitete. Auch ihn hatte die neue Wissenschaft der Chemie in den Bann gezogen und während seines späteren Lebens hat er immer wieder sein tech­nisches Wissen und seinen technischen Verstand unter Beweis gestellt und sich für die Entwicklung von blindentechnischen Hilfs­mitteln eingesetzt.

Im Dezember 1907 verlor er in New York durch einen Berufsunfall sein Augenlicht. Auch über die Monate nach seinem Unfall wissen wir kaum etwas.

Er kehrte 1908 nach Insterburg zurück, wo er vergeblich ver­suchte, seine Augenverletzungen zu kurieren.

Seine Familie, vor allem der Bruder seines Vaters, der Arzt war, stand ihm zur Seite, doch waren die ärztlichen Be­mühungen vergebens. Eine Ausbildung zum Korbflechter, die ihm dringend angeraten worden war, brach nach kurzer Zeit ab. Strehl wandte sich dann wieder dem Ausland zu, diesmal England und der Schweiz, um moderne Sprachen, insbesondere Englisch und Französisch, zu erlernen. Während seiner weitaus greifenden Fahrten hat er ja nicht nur einen Einblick in fremde Länder und Kulturen bekommen, sondern es war ihm auch bewusst geworden, wie wichtig die Beherrschung der Weltsprachen für jeden geistig beweglichen Menschen war. Um so wichtiger musste ihm nun die Beherrschung der beiden großen Sprachen erscheinen, obwohl er eigentlich ein visueller Typ war, denn auf der See ist man ja doch vorwiegend auf das visuelle Erfassen angewiesen. Nunmehr musste er nach dem Verlust seines Augenlichtes in die Welt des auditiven, also des hörbaren und des haptischen, also des tastbaren, ein­dringen. Strehl war ohne Reifeprüfung auf See gegangen. Das Sprachstudium alleine konnte ihm nicht den Zugang zu den Stätten der Wissenschaften ermöglichen.

2. Strehls beruflicher Werdegang nach seinem Unfall

So kehrte er nach Altona zurück und besuchte dort 1 1/2 Jahre das Johanneum und legte im Sommer 1913 im Alter von 27 Jahren die Reifeprüfung ab. Der Eigenwille, der den jungen Strehl in der Kadettenanstalt nicht verweilen ließ und der ihn forttrieb, in die Ferne und Fremde, dieser Eigenwille, dieser unbeugsame Drang in die Freiheit half ihm auch, den Unfall, der ihm nur eine beschränkte Unterscheidungskraft von hell und dunkel zuließ, zu überwinden. Sein Biograf, Dr. Hans Ludwig, hat die Situation des jungen Carl Strehl wie folgt beschrieben:

"Ihn trieb die Gärung in die Ferne. Er wollte die Welt sehen und etwas erleben, aber dann ereilte ihn doch in einer New Yorker Fabrik sein Geschick".

Strehl stand ohne Ver­sorgung, ohne Rente und mehr oder weniger ohne finanzielle Unterstützung da.

Er musste für sich selbst sorgen und das wusste er auch von Anfang an.

Den Anfang des Werdeganges von Carl Strehl in den ersten Jahren nach seiner Erblindung und die ersten Schritte zur Gründung der Deutschen Blindenstudien-Anstalt schildert Frau Gertrud Strehl, die Witwe Strehls, in einem Brief vom 4. Oktober 1985 wie folgt:

"Als mein Mann 1908 erblindet nach Deutschland zurückkam, war es sein Onkel, Bruder seines verstorbenen Vaters, der Chirurg in Königsberg war, der sich seiner sofort annahm. Nach eingehender Untersuchung beim Augenarzt stand es fest, daß keine Hilfe mehr möglich war. Sein Onkel hat dann zu ihm gesagt, eigentlich hart, aber vielleicht richtig: 'Mein Junge, Du bist blind und bleibst blind, Du mußt also Dein Leben danach einrichten.' [………………………………] Nach der Reifeprüfung am Johanneum in Hamburg ging er 1913 nach Marburg, um Philologie und Volkswirtschaft zu studieren. Als Student wohnte er am Grün, später in der Biegenstr. 1914 kamen schon die ersten Kriegsblinden in die Augenklinik. Mein Mann war sofort zur Stelle, um ihnen zu helfen. Er brachte ihnen Blindenschriftlesen und -schreiben bei und war ihnen seelisch bestimmt eine große Hilfe, da ihn in jungen Jahren das gleiche Schicksal er­eilt hatte. In dieser Zeit fällt auch der erste Kontakt mit Professor Bielschowsky, dem damaligen Direktor der Augenklinik, dem mein Mann seine Pläne darlegte und in ihm einen verständnisvollen Helfer fand.“

Kaum aber waren 2 Semester an der Philipps-Universität ver­flossen, da stellten sich dem jungen stud. phil. und rer. pol. schon neue Aufgaben. Der erste Weltkrieg füllte die Lazarette der Heimat mit den ersten Kriegsblinden und schon bald wurden sie auch in die Universitätsaugenklinik eingeliefert. „Dies stellte sich Strehl sofort als eine soziale Aufgabe dar, indem er uns Kriegsblinden Unterricht in Blindenschrift und in der Handhabung der Schreibmaschine gab. Darüber hinaus erfüllte er so manchen von uns mit neuem Lebensmut und wies ihm den Weg, daß man auch trotz Blindheit noch etwas Brauchbares für die Allgemeinheit leisten könne, sofern man an der richtigen Stelle im allgemeinen Kultur­prozeß eingesetzt werde.“ Unter den aus dem Kriege heimkehrenden Kriegsblinden befanden sich aber auch aktive und Reserveoffiziere sowie Schüler höherer Lehranstalten, die sich bei Ausbruch des Krieges freiwillig gemeldet hatten und nun aus ihrer ausgeübten oder erstrebten Berufsbahn gerissen waren.

Die herkömmliche Lösung war, sie ebenfalls zu handwerklichen Berufen umzuschulen, da weder die Pädagogen, noch die Juristen, noch die Mediziner Erfahrungen darüber hatten, ob blinde Menschen geistige Berufe ausüben konnten und auf welche Weise sie an diese Berufe herangeführt werden sollten.

Hier nun konnte Strehl nicht nur seine Erfahrungen aus Lausanne und aus England fruchtbar machen, sondern auch seine eigenen Vorstellungen entwickeln, um sie mit anderen Interessier­ten zu diskutieren und um schließlich die entscheidenden Mit­streiter zu finden. Wenn auch hier der Krieg der Vater aller Dinge einen wesentlichen Anstoß zur Veränderung des Bewusstseins in der Öffentlichkeit hinsichtlich der Berufsfähigkeiten von Blinden im geistigen Bereich gab, so war es auch der zähe Wille dieses jungen Carl Strehls, der die Wünsche und Forde­rungen, die Hoffnungen und Sehnsüchte so vieler Blinder in die rechten Bahnen wies.

Die Anfänge der internationalen Arbeit auf dem Gebiet der Typhlophilie

Das Entstehen internationaler Verbindungen auf dem Gebiet des Blindenwesens reicht in das 19.Jahrhundert zurück und war die sinnvolle Weiterentwicklung der Organisation auf nationaler Ebene. Es waren jedoch nicht Blinde und Blindenselbsthilfeverbände, die den Anstoß zur internationalen Arbeit gaben. Sie wurde vielmehr durch Blindenpädagogen und Fürsorger ausgelöst, welchen den ersten europäischen Blindenlehrerkongress 1873 in Wien und den zwei-

ten 1876 in Dresden organisierten. Mehr vom Sozialrechtlichen her, veranstaltet vom Lavanchy's – Komitee fanden zwischen 1879 und 1911 Kongresse in Paris, Neapel und Kairo statt. Zu gleicher Zeit wurden in England internationale Blindenfürsorgekongresse durchgeführt, an deren letztem, 1914 in London, auch Blinde beteiligt waren. Bis dahin war aber die Organisation des internationalen Blindenwesens im Wesentlichen eine Sache sehender Pädagogen, und der Akzent lag demzufolge auch mehr auf schulischen Problemen. Die Cäsuren, welche die beiden Weltkriege auf allen Gebieten internationaler Arbeit bildeten, trafen auch das Blindenwesen. Der Neuaufbau der internationalen Arbeit unterschied sich von seinem Beginn in den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts vor allem dadurch, dass seine Initiatoren Blinde waren, und dass sie sich als Geistesarbeitter zusammengehörig fühlten. Nach dem Ersten Weltkrieg gingen die ersten Impulse zur Wiederbelebung internationaler Arbeit von Jean Jacques Monnier aus, dem Vorsitzenden der 1900 gegründeten Association Internationale des Etudiants Aveugles, Sitz Genf. Er berief anlässlich des 100sten Gedenktages der Louis Braille-Schrift 1925 nach Paris eine nternationale Konferenz ein. Diese und zwei weitere Tagungen in Assisi und Marburg, 1926 und 1927, ließen den Gedanken einer großen internationalen Tagung von Fachleuten wieder erwachen, und so wurde in Marburg 1927 ie Einberufung eines internationalen Vorkongresses beschlossen. Dieser fand unter Beteiligung von hundert sehenden und blinden Fachvertretern aus 16 Ländern in Wien statt. Die Anregung der internationalen Vereinigung blinder Akademiker und die Gedanken Monniers waren bei einem Mann auf fruchtbaren Boden gefallen, der erst 10 Jahre zuvor den Verein blinder Akademiker Deutschlands und die Deutsche Blindenstudienanstalt gegründet hatte. Auf seine Initiative hin war der Kongress in Marburg und der Vorkongress in Wien zustande gekommen, auf welchem Strehl zum Obmann gewählt wurde und die Geschäftsstelle nach Marburg/Lahn gelegt wurde. Der geschäftsführende Ausschuss hielt seine erste Sitzung im Januar 1930 in Paris ab, um den Hauptkongress vorzubereiten und um die Zusammenarbeit mit dem Völkerbund zu klären. Auch hier hatte Strehl den Gedanken Monniers weiterverfolgt, der darin bestand, eine Weltorganisation der Blindenwohlfahrt unter Hinzuziehung der Regierungen zu gründen. 1931 kam es auf Einladung des Präsidenten Herbert Hoover zur Weltkonferenz in New York, die zur Gründung des World Council on Work for the Blind führte. Damit war zunächst der Höhepunkt erreicht. Die Weltwirtschaftskrise, die wachsenden nationalen Spannungen und die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Selbsthilfeverbänden einerseits und den Fürsorgeverbänden andererseits, verhinderten jede weitere fruchtbare Arbeit. In Europa stärkte sich inzwischen der Gedanke der Blindenselbsthilfe. Obschon sich die Darstellung auf das erste Jahrzehnt der Arbeiten Strehls beschränkt, soll hier doch noch ein Hinweis auf die Fortführung dieser erfolgreichen und wichtigen internationalen Kooperation erfolgen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der wiederum einen tiefen Einschnitt in die internationale Arbeit gebracht hatte, war es vor allem Strehl, der 1945/46, zusammen mit der American Foundation for Oversea Blind, die zerrissenen Fäden wieder anknüpfte. Es fanden Besprechungen in Zürich 1947, und Stuttgart 1948, statt, die zu großzügigen Maßnahmen für die Blinden der Westzonen führten. In Vorschau auf die internationale Konferenz in Oxford 1949, schrieb Strehl:

Alle interessierten Kreise waren sich darüber klar, daß keine Nation auf dem Gebiet des Blindenwesens etwas erreichen kann, wenn nicht weitschauend international geplant wird...Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die Verdrängung der Handarbeit durch dieFortschritte der Technik und das Anwachsen der Zahl der Blinden als Folge der Weltkriege und ihrer Nachwirkungen, hat alle Völker vor neue Probleme in der Blindenfürsorge gestellt. Sie sind nicht mehr vom wohlfahrtspflegerischen Standpunkt allein zu lösen, sondern erfordernin erster Linie sozialpolitische Maßnahmen.“

Seine internationale Arbeit, den langen mühevollen Weg, den Strehl gegangen ist, hat er selbst in mehreren Abhandlungen geschildert. Es soll hier nur auf seine kurze Darstellung in der Veröffentlichung des DBV: „Die Blinden in der Bundesrepublik Deutschland“ mit dem Thema „Der Deutsche Anteil an der internationalen Blindenarbeit“ 1965, hingewiesen werden. Hier berichtet Strehl über die Generalversammlung des Weltrates 1954, 1959 und 1964 und über die Tätigkeiten der verschiedenen Ausschüsse und Kommissionen (insbesondere die internationale Blindenerzieherkonferenz und den Weltpunktschriftrat.) Im Weltpunktschriftrat und im technischen Unterausschuss vertrat Strehl die Bundesrepublik. Als Vorsitzender des Arbeitsausschusses der europäischen Länder des Weltrates führte Strehl 1964 den Beschluss zur Gründung eines europäischen Ausschusses herbei, der als ständiger Ausschuss des Weltrates fungiert. Es ist nicht möglich, in wenigen Worten die gesamte Tätigkeit Strehls auf internationalem Boden zu würdigen. Es darf hier vermerkt werden, dass Strehl selbst diese Tätigkeit in 12 Artikeln in verschiedenen Zeitschriften geschildert hat. Dem Präsidium des Weltrates für die Blindenwohlfahrt, welcher sich 1951 in Paris konstituierte, gehörte Strehl seit Gründung als Vizepräsident an. In Anerkennung seiner Verdienste ernannte ihn die 4. Vollversammlung des Weltrates in Neu Delhi zum Ehrenmitglied.

Auch die internationale Entwicklung außerhalb des Weltrates, wie z.B. die Gründung der International Federation of the Blind durch Professor TenBroek verfolgte Strehl mit großem Interesse. Dabei galt seine Arbeit nicht nur den Organisationen, sondern auch den einzelnen blinden Geistesarbeitern im In- und Ausland. Einer der führenden persischen Männer des Blindenwesens, Dr. Wahedi, erklärte mir, dass er während seines Doktorexamens einen deutschen Text in Blindenschrift und Schwarzschrift benötigte, der in Persien nicht zu beschaffen war. Er telegraphiert an Strehl. Niemand seiner Professoren wollte es glauben, als er 8 Tage später mit beiden Büchern bewaffnet sich zum Examen meldete. Alle staunten über den wunderbaren Freundin Deutschland, den Wahedi persönlich kaum kannte.

Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Scholler
2006


Quelle: 200 Jahre Blindenbildung in Deutschland (1806-2006),
edition Bentheim, 2006, Würzburg

 

 

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