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John Milton

John Milton
1608-1674


John Milton war der letzte und wohl bedeutendste Dichter der englischen Renaissance und zugleich eine der führenden Persönlichkeiten der Kirchen- und Theologiegeschichte des 17. Jahrhunderts.

* 9.12. 1608 als Sohn des zu bescheidenem Wohlstand gelangten Notars John Milton d. Älteren, † 8.11. 1674. Zuerst von einem Hauslehrer (dem Schotten Thomas Young) erzogen, tritt Milton nach Besuch der öffentlichen Schule von St. Paul's schließlich (12.2. 1625) in das Christ's College, Cambridge, ein und erwirbt - sprachlich und musikalisch hochbegabt - eine umfassende humanistische Bildung einschließlich des Hebräischen. Den Wunsch, anglikanischer Geistlicher zu werden, gibt er bald auf, da ihm die Bestrebungen des Erzbischofs W. Laud nicht nachvollziehbar sind. Magister Artium 3. Juli 1632.

1632-38 widmet er sich privaten Studien und poetischen Versuchen; die Berufung zum Dichter als Lehrer und Propheten steht ihm früh fest.

Die Ode on the Nativity (Weihnachten 1629) läßt schon die spätere meisterhafte Verbindung sprachlicher Eleganz, christlicher Aussage und antiken Bildungserbes erkennen.

Das Maskenspiel Comus, 1634 in Ludlow uraufgeführt, feiert die Tugend der Keuschheit als Sublimierung der Leiblichkeit. 1638/39 bereist Milton Frankreich und Italien, die ihn mit Führern katholischer Kultur, aber auch mit Grotius und Galilei in Berührung bringen und ihm erste Anerkennung als Dichter namentlich lateinischer Verse verschaffen.

In England findet er die erstrebte poetische Achtung erst kurz vor seinem Tod.

Aufgrund von Nachrichten über die zunehmend instabile politische Lage in England kehrt er Frühjahr 1639 zurück, um sich in den nächsten Jahren durch eine Reihe politischer Schriften (»Pamphlete«) an der Krise Englands zu beteiligen.

Kirchlich zu dieser Zeit den Presbyterianern nahestehend, greift er in massiver Polemik das anglikanische Bischofstum, verschiedene kirchliche Mißstände und die royalistische Partei (literarisch vertreten u. a. durch Claudius Salmasius, + 1653) an.

Anläßlich der Hinrichtung Charles I.' (30. 1. 1649) verteidigt Milton die Volkssouveränität. Zugleich widmet er sich intensiv der Erziehung zweier verwaister Neffen, später auch anderer ihm anvertrauter Kinder (On Education, 1644).

1642 erste Heirat: Mary Powell, die ihn nach nur einem Monat verläßt, um erst Jahre später zu ihm zurückzukehren (+ 1652). Milton tritt in mehreren Schriften für das Recht auf Ehescheidung bei geistiger Disharmonie ein, was ihm nachhaltige Feindschaften einträgt. Nach der Aussöhnung mit Mary drei Kinder: Anne (* 1646), Mary (* 1648), Deborah (* 1652); ein Sohn John verstarb im Kindesalter.

1644 Areopagitica, ein Plädoyer für die Pressefreiheit, oft für seine wichtigste Prosaschrift gehalten.

Am 15.3. 1649 wird Milton von der Regierung der Republik als Sekretär für Auslandskorrespondenz (secretary of foreign tongues) vereidigt und gehört damit innerlich und äußerlich in das nächste Umfeld Cromwells; auch kirchlich steht er zu diesem Zeitpunkt ganz hinter der Sache der Independenten. Miltons politisches Ziel ist ein Block aller protestantischen Länder gegen das Haus Habsburg.

Ab 1644 macht sich verstärkt ein Augenleiden bemerkbar, das schließlich zur vollständigen Erblindung führt (On his blindness, wohl 1652 oder etwas später).

Milton kann jedoch seine Übersetzertätigkeit mit verschiedenen Gehilfen (u. a. Andrew Marvell) weiterführen. Alle späteren Werke Miltons sind diktiert.

12. November 1656 zweite Ehe (Catherine Woodcock, + 1658). 24. 2. 1662 dritte Eheschließung (Elizabeth Minshull, + 1727).

Anläßlich der Restauration 1660 werden politische Schriften Miltons öffentlich verbrannt, er selbst indes nach kurzem Gefängnisaufenthalt entlassen, um sich bis zu seinem Tod ganz seinem dichterischen Werk zu widmen.

Von der Öffentlichkeit (auch vom kirchlichen Leben) zurückgezogen, diktiert M. 1658-1663 das in Blankversen verfaßte Epos Paradise Lost, das weithin als die bedeutendste religiöse Dichtung englischer Sprache gilt. In majestätisch-gehobener, imaginationsreicher Sprache, die Harmonie und Leidenschaft gleichermaßen überzeugend zur Sprache zu bringen vermag (»grand style«), schildert P. L. Engelsturz, Weltschöpfung, Sündenfall, Protevangelium und Verlust des Paradieses und entfaltet in diesem Rahmen eine ganzheitliche Weltsicht, die das Erbe des Humanismus mit biblischer Tradition vereint.

Erstveröffentlichung 1667 in 10 Büchern, endgültig in leichter Überarbeitung und mit Aufteilung des 7. und 8. Buches 1674 in 12 Büchern. Ergänzend tritt das kleinere Epos Paradise Regained ( 4 Bücher) hinzu, das die Versuchung Christi in der Wüste als siegreichen Kampf mit Satan schildert (2070 Verse neben den 10 565 von P. L.).

1671 folgt als letztes größeres Werk Samson Agonistes, ein der Form der sophokleischen Tragödie verpflichtetes Drama über den Tod des Samson (Simson), der als Triumph vor dem Leid nicht scheuender Auseinandersetzung mit eigener Schuld gedeutet wird.

Ein früh erwogenes Epos über Stoffe der Arthussage ist nicht ausgeführt worden. Daneben hat Milton außer Gedichten kleinere Prosaschriften über zahlreiche Gegenstände verfaßt (u. a. über die Geschichte Englands vor 1066, die Stadt Moskau und über lateinische Grammatik) und Sammlungen für einen lateinischen Thesaurus angelegt.

Das von Milton nicht veröffentlichte, erst 1823 aufgefundene umfangreiche Traktat De Doctrina Christiana verdient Würdigung im Kontext der großen Gesamtdarstellungen des christlichen Glaubens im 17. Jahrhundert.

In der Christologie arianischen Gedankengängen nahestehend (insofern nicht »orthodox«), ist Miltons Bild von Mensch und Erlösung doch ganz das des Puritanismus.

Die theologiegeschichtliche Bedeutung des in Deutschland heute zu Unrecht vernachlässigten Dichters liegt in der überzeugenden Synthese von christlicher Radikalität und humanistischer Ästetik.

+ 8.11. 1674 an den Folgen der Gicht; Bestattung in St. Giles, Cripplegate, London (nach anglikan. Ritus).

1737 Denkmal in Westminster Abbey. - Schon John Dryden hat Milton als Epiker mit Homer und Vergil verglichen; im 18. Jahrhundert erlebt Paradise Lost doppelt so viele Neudrucke wie Shakespeares Dramen (trotz der ablehnenden Biographie Samuel Johnsons). Im deutschen Sprachraum wirkt namentlich die klassische Übersetzung Johann Jakob Bodmers (1732); Klopstocks »Der Messias« ist ohne das Vorbild Miltons nicht zu denken.

Die Romantik verklärt Milton als Freiheitshelden. William Blake's Dictum »he was a true Poet and of the Devil's party without knowing it« (in »The Marriage of Heaven and Hell«, 1793) begründet eine eigene Interpretationsrichtung (»Satanisten«).

In unserem Jahrhundert sowohl scharf angegriffen (T. S. Eliot 1936, später relativiert) als auch emphatisch verteidigt (exemplarisch C. S. Lewis 1942), beweist Milton allein durch die unübersehbare Sekundärliteratur im englischen Sprachraum seine ungeminderte Faszination.


Quelle: www.bautz.de/bbkl

  

  

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