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Die Fachgruppe "Ruhestand" des DVBS

Die Fachgruppe "Ruhestand" des DVBS


Die Abkürzung ergibt sich aus den Anfangsbuchstaben der Wörter "Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten". Der Vereinsname enthält an sich auch noch den Zusatz "in Studium und Beruf". Das beruht darauf, dass sich seit Anfang der 70er-Jahre berufsbezogene Fachgruppen gebildet hatten. Wer aus dem Berufsleben ausscheidet oder schon ausgeschieden ist, kann aber trotzdem Mitglied bleiben bzw. werden. Mit Rücksicht darauf sind im Jahre 1987 die damals 75 Jahre alte Musikwissenschaftlerin Universitätsoberrätin i. R. Dr. phil. habil. Annelise Liebe und der Verfasser, um die Senioren nicht ins Abseits geraten zu lassen, auch für sie aktiv geworden: Zwar waren beide nach ihrer Pensionierung in ihren berufsbezogenen Fachgruppen aktiv geblieben und wollten es weiterhin bleiben. Trotzdem sollte jedoch - fanden sie - der Verein auch Ruheständlern als solchen spezielle Angebote machen.

Das erste zu diesem Zweck von beiden organisierte Seminar fand Mitte 1988 statt. Diskutiert wurden altersbezogene Rechts- und Versorgungsfragen, die Finanzierung von Blindenhilfsmitteln sowie das Training in Orientierung und Mobilität und in lebenspraktischen Fertigkeiten. Ihren Bericht über dieses Seminar schloss Frau Dr. Liebe mit der Feststellung, dass, wer raste, auch roste, und mit der Frage: "Wer will das schon?". Wir wollten es jedenfalls nicht!

Darum hat der Verein seitdem auch seine Fachgruppe "Ruhestand" und hat bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit als einen seiner satzungsmäßigen Zwecke zusätzlich die Beratung "in allen ... den Ruhestand betreffenden Fragen" festgeschrieben.

Ziel der Gruppe ist es,

- Senioren zu helfen, mit Blindheit oder Sehbehinderung "erfolgreich" alt zu werden, also möglichst lange körperlich und geistig "fit" zu bleiben und ein "erfülltes Leben" zu führen,

- die Senioren des Vereins zum Erfahrungsaustausch zusammenzubringen sowie

- Gerontologie, Geriatrie, Heimleitungen, ambulante Dienste, Angehörige und Gesellschaft für die besonderen Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Senioren zu sensibilisieren.

Wir rechnen, laut Beschluss der Fachgruppenversammlung von 1990 zu unserer Fachgruppe alle Mitglieder, die nicht mehr berufstätig sind, wobei Hausfrauen selbst entscheiden, ab wann sie sich als zu unserer Gruppe gehörig betrachten.

Heute hat die Fachgruppe 218 Mitglieder, von denen 68 einen Internetanschluss haben.

Eine Frucht unserer Arbeit ist die von Frau Dr. Liebe in erster Auflage redigierte Schrift "Blinde und Sehbehinderte im 3. Lebensabschnitt", die hiermit auch in zweiter Auflage vorgelegt wird. In ihr schildern jeweils etwa 35 Mitglieder unserer Gruppe, auf wie vielfältige Weise sie ihrem Leben noch einen Sinn geben. Wir versuchen damit, nicht nur Sehgeschädigten, sondern auch anderen einen Weg durch den Ruhestand zu weisen.

Auch sonst bezeichnen wir die nachberufliche Phase - statt als Ruhestand - lieber als 3. Lebensabschnitt, um deutlich zu machen, weiterhin bereit zu sein, Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen, in der Familie, im Blinden- und Sehbehindertenwesen und in der Gesellschaft als solcher.

Eine wesentliche Aufgabe sieht die Fachgruppe darin, sich für die Belange älter werdender Blinder und Sehbehinderter und für diejenigen Alterssehgeschädigter einzusetzen. Sie bemüht sich deshalb um eine Gestaltung des öffentlichen Raumes - der Verkehrssysteme und öffentlichen Gebäude -, die auf die Mobilitätsbedürfnisse Sehgeschädigter Rücksicht nimmt. Diese Interessen konnte der Unterzeichnende im Jahre 2005 in dem Projekt "Mobilitätssicherung älterer Menschen im Straßenverkehr" der Universität Wuppertal mit Erfolg wahrnehmen.

Außerdem erstrebt die Fachgruppe die Entwicklung von Blindenhilfsmitteln für ältere Menschen; einen finanziellen Nachteilsausgleich, auch für Sehbehinderte, wie er bisher leider nur in sechs Bundesländern gezahlt wird; eine Verbesserung der Lage Blinder und Sehbehinderter in allgemeinen Altenwohn- und Pflegeheimen und vor allem ein unentgeltliches Training in lebenspraktischen Fertigkeiten.

Seit 1990 findet alljährlich ein einwöchiges Seminar in einem Blindenkur- oder -erholungsheim statt mit einer "Einstimmung in den Tag", einem Vortrag oder Rundgespräch am Vormittag und wiederum einem Vortrag, einem Rundgespräch oder einer kulturellen Veranstaltung am Abend. Je nachdem, wo wir uns treffen, besichtigen wir an den Nachmittagen Kulturdenkmäler oder besuchen Museen, in denen "Berühren erlaubt" ist.

Blindheit und Sehbehinderung im Alter als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung ist inzwischen ein Schwerpunkt unserer Seminare geworden. Schon im Jahre 1990 hatten wir Herrn Prof. Kruse zu Gast. Auch zwischen den Seminaren haben wir das Gespräch mit Gerontologie und Geriatrie ständig fortgesetzt und haben im März des Jahres 2000 gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Alternsforschung in Heidelberg eine International Conference on the Special Needs of Blind and Low Vision Seniors veranstaltet. Die dabei gehaltenen Referate und weitere wissenschaftliche Beiträge sind von der Homepage www.ma-ha-schulze.de abrufbar. Sie können von allen Interessierten, die wissenschaftlich etwas zu unserem Thema beitragen wollen, kommentiert, ergänzt und um eigene Beiträge erweitert werden

In unseren Seminaren haben wir uns bisher besonders intensiv mit den uns verbliebenen Sinnen und dabei vor allem mit Gehör und Tastsinn befasst. Das Gehör spielt dabei eine besondere Rolle, weil es im Alter gleichfalls häufig nachlässt. Darum werden wir der Frage des Hörens und seiner Verbesserung durch Hilfsmittel immer größere Aufmerksamkeit widmen müssen.

Wir haben uns ferner mit der Aufrechterhaltung unserer geistigen Fitness und dem systematischen Training unseres Gedächtnisses befasst. Dieses ist für uns noch wichtiger als für Sehende, weil wir abgelegte Gegenstände nicht mit dem Auge wiederfinden und uns auch nicht so leicht etwas notieren oder etwas im Telefonbuch suchen können. Allein die Dosierung unserer Medikamente kann im Alter zum Problem werden. Andererseits werden wir außerhalb eines Gesprächs nur noch vermindert bis überhaupt nicht mehr durch unser soziales Umfeld stimuliert. In dieser Erkenntnis haben wir die Entwicklung von Gedächtnistraining speziell für Sehgeschädigte angeregt und unterstützt. Vor allem Menschen, die erst im Alter ihr Augenlicht verlieren, haben solches Training nötig. Aber die heute praktizierten Programme stellen mit vielen Übungen allein auf das Sehen ab. Aus diesen Gründen hat Frau Sonja Bernard, E-Mail: info@sonja-bernard.de, Tel. 09407 / 812746, als Teil ihrer Erlanger Dissertation, ein Gedächtnistraining für Sehgeschädigte entwickelt, das sie auf Audiokassette und MP3-CD verkauft.

Im Alter wird man leichter schwindelig, und wer mit den Augen keinen Punkt mehr fixieren kann, hat es schwerer, sein Gleichgewicht zu halten. Außerdem stürzen Sehgeschädigte leichter über Hindernisse. Deshalb haben wir uns auch mit Sturzprävention befasst.

Für sehende Senioren gibt es daneben Programme für psychomotorisches Training, um Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit sowie Bewegungsabläufe zu verbessern. Eine Anpassung an Blindheit und Sehbehinderung steht zwar noch aus. Sie dürfte aber mit der Veröffentlichung des Ratgebers für erfolgreiches Altern durch den Unterzeichnenden in www.ma-ha-schulze.de entbehrlich geworden sein.

Des weiteren haben wir uns mit Betreuungsrecht einschließlich der Errichtung von Patientenverfügungen und der Erteilung von Vorsorgevollmachten befasst, mit Erbrecht, dem Ehrenamt im Alter, der Organtransplantation, der gesunden Ernährung, dem allmählichen Verblassen von Seherinnerungen im Wachzustand und in unseren Träumen, dem Leben in der Familie und der Übersiedlung in ein Heim. Auch im Modellieren haben wir uns einmal versucht und zum Schachspielen angeregt.

Wir haben über das Verhältnis Blinder und Sehender nachgedacht und uns von einigen Teilnehmern berichten lassen, wie blinde und sehbehinderte Senioren ferne Länder erleben. Weiter hörten wir Berichte über die Lage blinder und sehbehinderter Senioren in anderen Ländern, um für unsere Arbeit daraus zu lernen, stießen dabei aber schnell an sprachliche Grenzen.

Natürlich haben wir uns nach der Wende alsbald mit der Situation Blinder und Sehbehinderter in akademischen und verwandten Berufen in der ehemaligen DDR und ihren gegenwärtigen Problemen befasst und Fachgruppenmitgliedern von dort finanziell die Teilnahme erleichtert, soweit uns das möglich war.

Die Fachgruppe gibt jährlich acht bis zehn Informationskassetten heraus und veranlasst von Fall zu Fall die Aufsprache ruhestandsbezogener Fachliteratur, durch den Textservice des Vereins und die Deutsche Blindenhörbücherei.

Mit unserer Gruppe ist der Verein Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen. Deshalb konnten wir ab 1997 an dem alle drei Jahre stattfindenden "Deutschen Seniorentag" mit eigenen Workshops teilnehmen und mit Resolutionen an die Öffentlichkeit treten. Die dabei von Vereinsmitgliedern und sonstigen Experten gehaltenen Kurzreferate und die Resolutionen können in den Dokumentationen der Bundesarbeitsgemeinschaft nachgelesen werden. Die von den Workshopteilnehmern verabschiedete Resolution "Rehabilitation statt Pflege" ist in der Vereinszeitschrift veröffentlicht worden ( Horus 1997/100). Das gilt auch für alle Seminarberichte und Versammlungsprotokolle (siehe Anhang). Die beim Workshop 2003 im Rahmen des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderung gehaltenen Vorträge hat der DVBS in deutscher und englischer Sprache herausgegeben.

Finanziell unterstützt worden ist unsere Arbeit in der Vergangenheit dankenswerterweise nachhaltig vom Blindenhilfswerk Berlin, dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Münster, dem Kuratorium Deutsche Altershilfe und dem Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Das hat es uns ermöglicht, besonders intensiv zu arbeiten.

Dr. Hans-Eugen Schulze
Beauftragter für Seniorenangelegenheiten des DVBS

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