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Heinz Franke

Heinz Franke
Jahrgang 1921

  


Wie ich meinen Ruhestand gestalte

       

1. 1921 in Berlin geboren, erlitt ich im sechsten Lebensjahr einen Explosionsunfall, durch den ich mein Augenlicht völlig verlor und meine rechte Hand bleibend verstümmelt wurde. Ich besuchte zunächst die Berliner Blindenschule und wechselte nach sieben Jahren auf ein Berliner humanistisches Gymnasium in Aufbauform, wo ich nach fünf Jahren, 1940 die Reifeprüfung ablegte. Von 1948-1985 war ich Richter, zuletzt acht Jahre lang Vorsitzender Richter einer Zivilkammer für Berufungs- und Beschwerdesachen.

Ich bin verheiratet und habe vier jetzt erwachsene Kinder.

Da ich im 87. Lebensjahr stehe und mein Ruhestand nunmehr bereits zweiundzwanzig Jahre andauert, kann es sich bei den nachstehenden Ausführungen nicht um ein Programm, sondern nur noch um einen Rückblick handeln.

2. Ruhestandsgestaltung

Nach Eintritt in den Ruhestand 1985 ging ich hauptsächlich meiner Vorliebe für Literatur und Fremdsprachen nach. Viele Jahre lang belegte ich vorwiegend literaturwissenschaftliche Kurse bei der Fernuniversität Hagen, von wo ich die Kurstexte in einer ausgezeichneten Punktschriftfassung erhielt. Gelegentlich, weil ich es nicht lassen konnte, bezog ich aber auch Kurse juristischen Inhalts über mir weniger geläufige Gebiete wie Strafrecht, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, aber auch über Psychologie. Während der ganzen Zeit des Ruhestandes ging ich weiterhin meiner Neigung für Fremdsprachen bis heute nach. Ich lese ständig eine italienische Zeitschrift und führe italienischen Briefwechsel. Außerdem lernte ich im Laufe der Jahre noch ungarisch und gotisch. Gelegentlich habe ich auch noch einmal zu einem lateinischen Schriftsteller in Punktschrift gegriffen, insbesondere dann, wenn die Schulausbildung meiner Kinder und Enkel dazu Anlass gegeben hat. In der letzten Zeit fehlt es mir leider häufig an der Möglichkeit, Wörterbücher nachschlagen zu lassen, da meine Frau wegen grauen Stars nicht mehr gut kleine Druckschrift lesen kann.

Eine Freude ist es mir immer, wenn ich Gelegenheit habe, für Freunde oder Bekannte kleine juristische Arbeiten zu machen, insbesondere Testamente zu entwerfen.

Bis vor etwa zehn Jahren, als meine Frau noch bei entsprechender Gesundheit war, machte ich mit ihr jährlich mehrmals Reisen, insbesondere nach Italien, wo ich häufig und gern Museen besuchte und dort, dank fast immer gern gewährter Erlaubnis des Aufsichtspersonals, die Gelegenheit hatte, Skulpturen zu betasten. Gemälde wurden mir von meiner Frau beschrieben, die es verstand, ihre eigene Begeisterung durch entsprechende Kommentare auf mich zu übertragen. Mehrmals besuchte ich auch das Hotel des Italienischen Blindenverbandes in Tirrenia bei Pisa.

Für wichtig halte ich körperliche Bewegung. Seit circa einem Jahr bin ich diesbezüglich allerdings stark eingeschränkt durch die Auswirkungen eines Bandscheibenvorfalls. Bis dahin aber unternahm ich häufig Wanderungen und weitere Spaziergänge. Besonderen Wert lege ich darauf, auch allein spazieren zu gehen, was mir hier in der Stadt allerdings nur abends nach 22 Uhr opportun erscheint, wenn die Straßen ruhig sind. Gewohnheitsmäßig mache ich allmorgendlich Gymnastik. Zu meiner großen Freude kann ich mir, wenn meine Frau dazu nicht in der Lage ist, das Frühstück und sonstige kleine Imbisse selbst zubereiten. Ebenso wie die Alleinspaziergänge vermittelt dies das wichtige Gefühl der Unabhängigkeit.

Meine Frau und ich haben stets viel gelesen. In letzter Zeit lese vor allem ich ihr vor, insbesondere Lyrik und kleine Prosa.

3. Abschließend glaube ich feststellen zu sollen,

a) dass die geistige und körperliche Frische und Beweglichkeit, derer ich mich bis ins hohe Alter hinein dankbar erfreuen durfte, mindestens wesentlich auch mitbestimmt war durch die beschriebene Art der Gestaltung meines Ruhestandes und

b) dass diese Gestaltung inhaltlich aber nicht durch fremden Rat oder gar eigene Einsicht mit dem Ziel möglichster Erhaltung der Gesundheit, sondern lediglich spontan durch meine ohnehin bestehenden Neigungen motiviert war, und deshalb keineswegs für andere Modellcharakter beanspruchen kann.

  

  

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