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.Blinde und sehbehinderte ältere Menschen als besondere Zielgruppe unserer Arbeit - 8.1
8.1
Dieter Renelt
Bundesvorsitzender des Bundes der Kriegsblinden Deutschlands
Statement
Das Interesse an dieser Veranstaltung ergab sich für den Bund der Kriegsblinden Deutschlands fast wie von selbst. In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg betrachtete es der BKD als eine seiner wichtigsten Aufgaben, Menschen, die im Krieg oder durch Kriegseinwirkung in der Heimat ihr Augenlicht verloren hatten, in Beruf und Arbeit zu vermitteln. Jetzt sind die noch Lebenden, blind aus dem Feld Heimgekehrten 75 Jahre und Älter, und auch die als Kinder durch herumliegende Munition Erblindeten haben die Mitte des siebenten Jahrzehnts erreicht. Die Betreuungsaufgabe des BKD hat sich entsprechend geändert.
Es geht zum Einen in wachsendem Maße darum, der zunehmenden Betreuungs- oder gar Pflegebedürftigkeit vieler unserer Mitglieder Rechnung zu tragen. In vielen Fällen sind die Ehefrauen nicht mehr in der Lage, ihre Männer wie früher zu versorgen. Es müssen dann "Pflegepersonen" für den häuslichen Bereich gefunden werden. Da dies aber nicht immer gelingt, und jedenfalls eine Versorgung rund um die Uhr im häuslichen Bereich nicht möglich ist, ziehen es viele vor, sich in stationäre Betreuung zu begeben. Der BKD hat daher einigen seiner Kureinrichtungen Altenstationen für Kriegsblinde und ihre selbst betreuungsbedürftigen Ehefrauen angegliedert. Dort wird die schädigungsbedingte Betreuung (für Fälle plötzlich auftretender Notsituationen auch rund um die Uhr) gewährleistet. Die Kombination mit der Kureinrichtung bringt willkommene Abwechslung mit sich, der man sich aber, sobald sie nicht willkommen ist, auch entziehen kann. Im Übrigen ist sinnvolle Beschäftigung der Phantasie und der Erfahrung der Bewohner selbst bzw. des Betreuungspersonals überlassen. Es können dabei durchaus Aktivitäten wie Gesangsgruppen, Vorlese- und Diskussionszirkel , regelmäßige Termine für Sitzgymnastik u. Ä. entstehen.
Zum andern unternimmt der BKD weiterhin Anstrengungen zur Rehabilitation seiner Mitglieder, nur dass diese nun nicht mehr das Ziel der Vermittlung in Arbeit und Beruf verfolgen; die Lehrgänge im Rehabilitationszentrum Bad Berleburg dienen vielmehr ganz allgemein der Steigerung der Lebensqualität der Teilnehmer und möchten diese in die Lage versetzen, sich selbst sinnvoll zu beschäftigen. Es werden Kurse auf vielen Gebieten des Allgemeinwissens angeboten. Selbst unsere ältesten Mitglieder sind durchaus noch daran interessiert, sich im Gebrauch ihrer Muttersprache zu vervollkommnen, ihre Englischkenntnisse zu verbessern oder geschichtliche Zusammenhänge zu erfassen. Groß ist beispielsweise auch das Interesse an schöner Literatur. In einem vierwöchigen, alljährlich stattfindenden Musiklehrgang , der außerordentlich beliebt ist, werden die Teilnehmer zu gemeinsamem Musizieren angeleitet oder lernen selbst im hohen Alter noch, sich an einem neuen Instrument zu betätigen. Regelmäßig ausgebucht ist alljährlich der Lehrgang "Gesellschaftsordnung, Sozialrecht, Blindenwesen, Informations- und Kommunikationstechnologie".
Dass die Einrichtungen des BKD nahezu ausschließlich von Kriegsblinden genutzt werden, mag zum Teil daran liegen, dass sich der BKD im Laufe von Jahrzehnten gewissermaßen zu einer Großfamilie entwickelt hat. Es werden aber in einigen Häusern die Weichen allmählich in Richtung der Aufnahme auch sehender alter Menschen gestellt. Dies geschieht natürlich vordergründig vor Allem aus wirtschaftlichen Erwägungen. Wirtschaftliche Gesichtspunkte werden dabei aber nie so in den Vordergrund treten, dass der BKD etwa seinen Mitgliedern empfehlen könnte, sich in allgemeine Einrichtungen für alte Menschen zu begeben. Blinde Menschen werden eine Steigerung ihrer Lebensqualität immer nur in Einrichtungen erfahren können, die auch gezielt auf die Aufnahme blinder Menschen hin organisiert sind. Dass dort daneben auch sehende alte Menschen Aufnahme finden, wird sicherlich von Vorteil sein, und zwar nicht nur wirtschaftlich.
Dieter Renelt
