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Blinde und sehbehinderte ältere Menschen als besondere Zielgruppe unserer Arbeit - 8.6

8.6
Dr. med. Stephan J. Fröhlich
Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität
Ambulanz für vergrößernde Sehhilfen
Der Augenarzt als Koordinator im Netzwerk der Rehabilitation sehbehinderter Patienten

  

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Ursache einer ausgeprägten Sehbehinderung im fortgeschrittenen Alter. Trotz neu entwickelter Methoden wie der photodynamischen Therapie (PDT) oder der transpupillären Thermotherapie (TTT) stehen solchen Patienten in vielen Fällen keine weiteren therapeutischen Optionen mehr zur Verfügung. Die Anpassung von vergrößernden Sehhilfen stellt dann die letzte Möglichkeit der optischen Rehabilitierung dar. Mit der steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Anzahl der Patienten zu, die entsprechend versorgt werden müssen. Bei zunehmenden Leseschwierigkeiten kann die Anpassung von verstärkten Nahzusätzen oder einfachen Lupen durch den niedergelassenen Augenarzt erfolgen. Damit kann bereits ein Großteil der sehbehinderten Patienten versorgt werden. In komplizierteren Fällen sollte der Patient in eine Spezialambulanz für vergrößernde Sehhilfen überwiesen werden, die naturgemäß einerseits über eine bessere Auswahl an vergrößernden Systemen verfügt und andererseits genügend Zeit hat, sich intensiv mit dem Sehbehinderten zu beschäftigen und auf alle Teilbereiche der Versorgung einzugehen.
  

Ältere Patienten mit AMD sind jedoch nicht die einzige Zielgruppe, mit der sich der niedergelassene Augenarzt oder eine Ambulanz für vergrößernde Sehhilfen auseinandersetzen muss. Auch für sehbehinderte Kinder und Jugendliche spielt eine gute Sehkraft bzw. ein maximal korrigiertes Rest-Sehvermögen eine große Rolle. Ursächlich kommen in dieser Altersgruppe dann Erkrankungen wie z.B. Zapfen- und Stäbchendystrophie, okulärer Albinismus, Retinitis pigmentosa, Nystagmus oder Amblyopie in Frage. Andere Diagnosen, die in der Sehbehindertenambulanz häufig gestellt werden, sind u.a. eine Visusreduktion in Folge eines Diabetes mellitus, eines Glaukoms oder einer hochgradigen Myopie.
  

Die Beratung für Sehbehinderte ist äußerst facettenreich und beinhaltet mehrere unterschiedliche Komplexe, die entweder direkt in einer Sehbehindertenambulanz geleistet werden oder zumindest eingeleitet oder mit dem Patienten genau besprochen werden müssen. Der sehbehinderte Patient, der meist eine lange Odyssee und Leidenszeit hinter sich hat und mit vielen Hindernissen und Schwierigkeiten umgehen lernen musste, ist zunächst verunsichert und voller Angst. Es ist dann wesentliche Aufgabe des Augenarztes, in einem persönlichen Gespräch diese Grundeinstellung zu verbessern und dem Patienten Mut und Zuversicht zu vermitteln. Dies sollte bereits bei einer ausführlichen Anamneseerhebung erfolgen.
  

Insgesamt bilden drei große Säulen die Grundlage für eine umfassende Betreuung der Sehbehinderten: die optische, die berufliche und die soziale Rehabilitation.

  Ziel der Rehabilitaion

Schlagwörter, welche die Komplexität des gesamten Bereiches veranschaulichen, beinhalten schulische Beratung und Betreuung, Sozial- und Rechtsberatung, Hilfe bei der Freizeitgestaltung, psychologische Beratung, des weiteren berufliche Rehabilitation Orientierungs- und Mobilitätstraining, Unterweisung in den sog. lebenspraktischen Fähigkeiten
  Beratung für Sehbehinderte

(LPF) und Kommunikationstechniken, sowie natürlich auch die medizinische Versorgung incl. der Einleitung von Frühfördermaßnahmen und natürlich der Anpassung von vergrößernden Sehhilfen, auf die jedoch in diesem Artikel nicht eingegangen wird.
  

Im folgenden wird erörtert, welche Aufgaben im beruflich-sozialen Bereich dem Augenarzt bei der Vorstellung des Patienten in der Spezialambulanz für vergrößernden Sehhilfen zukommen. Diesem Bereich kommt je nach Alter des Patienten eine unterschiedliche Bedeutung zu, welche ebenfalls in diesem Artikel diskutiert werden soll.
  

Die komplette Versorgung eines sehbehinderten Patienten nimmt selten weniger als eine Stunde in Anspruch. Zu Beginn sollte durch die Orthoptistin, die Augenärztin oder den Augenarzt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten geführt werden mit sorgfältiger Anamnese. Es sollten u.a. die bestehenden beruflichen, sozialen und auch häuslichen Gegebenheiten geklärt werden. So ist im einzelnen zu erfragen, ob der Patient alleine lebt oder zusammen mit seinem Partner, des weiteren ob im Falle der Hilfebedürftigkeit der Patient versorgt ist oder nicht. Von Bedeutung ist auch die berufliche Ausbildung des älteren und auch des berufstätigen sehbehinderten Patienten. In diesem Bereich stellt sich besonders die Frage, ob sich die optische Situation am Arbeitsplatz noch optimieren lässt. Schließlich sollte das ärztliche Eingangsgespräch noch die Frage nach den sozialen Hilfen beinhalten, die der Patient unter Umständen bereits erfährt. Dazu gehört u.a. der Schwerbehindertenausweis mit einem gewissen Prozentrang und diversen Merkzeichen. Aufbauend auf diesen Informationen kann man den Patienten gezielt durch das Netzwerk der verschiedenen Einrichtungen leiten, die an der optischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation beteiligt sind.
  

Im folgenden werden die einzelnen Gesichtspunkte der beruflichen bzw. sozialen Rehabilitation nach der Altersgruppe eingeteilt diskutiert.

  Rehabilitation in allen Altersgruppen

Bei sehbehinderten Kleinkindern sind neben einer optimalen Brillenversorgung und orthoptischen Betreuung v.a. Frühförderungsmaßnahmen von großer Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine pädagogische Leistung, die alle Entwicklungsbereiche des Kindes umfasst und in dessen vertrauter Umgebung durchgeführt wird. Neben der Stimulierung des restlichen Sehvermögens mit den verschiedensten Reizen werden jedoch auch die anderen Sinne gezielt gefördert. So sind es v.a. die auditiven und taktilen Wahrnehmungen, die bei sehbehinderten Kindern von großer Bedeutung sind. Des weiteren werden die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeit sowie auch einzelne Gedächtnisleistungen gefördert. Nur durch eine auf diese Weise durchgeführte "ganzheitliche" Betreuung der Kinder können visuelle Wahrnehmung, Körperwahrnehmung, Orientierung und Mobilität, soziale Fertigkeiten, sprachliche und kognitive Fertigkeiten als auch das Spielverhalten verbessert werden. Aufgabe des Augenarztes ist es in solchen Fällen, sich über die lokalen Frühförderungseinrichtungen zu informieren und den Kontakt zu diesen Zentren für die Eltern des sehbehinderten Kindes herzustellen. Genauere Informationen kann jeweils auch der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenbund geben.

  Frühförderung für Kleinkinder

Bei sehbehinderten Kindern und Jugendlichen im Schulalter liegt ein anderer Bedarf an Hilfen vor, da schon vom Aktivitätsradius des Patienten her ganz andere Voraussetzungen gegeben sind. Zentrale Bedeutung kommt dem Orientierungs- und Mobilitätstraining zu, damit sich die Kinder bzw. Jugendlichen besser und sicherer im Straßenverkehr bewegen können. Ggf. sind dazu bereits Hilfen wie z.B. der weiße Stock notwendig. Auch die Vermittlung von lebenspraktischen Fertigkeiten spielt eine große Rolle. In diesen Bereich fallen Hilfen, welche einfache Tätigkeiten und Handgriffe des Alltages erleichtern. Durch gezieltes Anleiten und Einüben von Techniken, wie z.B. das Essen mit Messer und Gabel, Eingießen von Getränken, Erkennen von Geldscheinen, Umgang mit CD`s und Kassetten, soll ein möglichst hohes Maß an Selbständigkeit zurückgegeben werden. Aber auch andere Inhalte der Förderung sollen nicht aus dem Auge verloren werden. Dazu gehören Ergotherapie, Psychotherapie, Familientherapie sowie eine individuelle Lernförderung. Auch hier ist es die Aufgabe des Augenarztes, nahe gelegene Zentren zu eruieren, die sich mit diesen Themen schwerpunktmäßig befassen. So gibt es Einrichtungen mit integrierten schulvorbereitenden Einrichtungen, mit Grund- und Hauptschule, Realschule, Tagesstätte und Internat.
  

Diese Betreuung ist aber nicht nur innerhalb bestimmter Institutionen möglich, sondern kann auch in der vertrauten Umgebung zu Hause geleistet werden. Hierfür ist der sog. Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD) zuständig. Er sollte herangezogen werden, wenn für ein sehbehindertes Kind die Unterbringung in einer Förderschule nicht möglich oder z.B. von Seiten der Eltern nicht erwünscht ist. Der Umfang dieser mobilen Betreuung richtet sich nach dem Ausmaß der Probleme des Patienten und beträgt im Minimum etwa 1-2 Stunden in der Woche. Dem MSD kommt eine erfassende, beratende und betreuende Funktion zu. Dabei steht er in engem Kontakt und Kooperation mit den Eltern, den Lehrern und evtl. auch Mitschülern. Der MSD erfasst und bewertet nach seinen Erfahrungen die visuelle Wahrnehmung des Kindes, ebenso die Situation im Unterricht, die familiären Bedingungen sowie das soziale Umfeld. Er berät Kinder und Eltern bezüglich optischer Hilfsmittel bzw. stellt den Kontakt zu benachbarten Sehbehindertenambulanzen her. Des weiteren berät er hinsichtlich geeigneter Lern- und Arbeitstechniken, der Schullaufbahn, der nachschulischen Betreuung und der Berufswahl. Die betreuende Funktion des MSD bezieht sich auf die Versorgung mit unterschiedlichen unterstützenden Medien, den Umgang mit optischen Hilfsmitteln und beinhaltet auch eine soziale und psychische Betreuung. Dabei sollen die Kinder besser mit der Stigmatisierung "Sehbehinderung" umgehen lernen und die Unsicherheit im Umgang mit der Sehbehinderung verlieren.
  

Welche Instrumente der Rehabilitation stehen nun berufstätigen Sehbehinderten zur Verfügung? Den Einstieg von sehbehinderten Jugendlichen ins Arbeitsleben erleichtern die sog. Berufsbildungswerke (BBW). Bundesweit gibt es davon knapp 50 Einrichtungen mit etwa 15000 Plätzen. Die meisten dieser Berufsbildungswerke verfügen über eigene Schulen wie Grund-, Haupt- und Berufsschule, über Wohn- und Ausbildungsplätze. Die psychologische und medizinische Betreuung der sehbehinderten Auszubildenden übernehmen psychologische, soziale, seelsorgerische und augenärztliche Dienste. Die Dauer der Grundschule beträgt 5 Jahre und vertritt ein ganzheitliches pädagogisches Konzept. Neben den allgemein üblichen Lerninhalten vermittelt sie die Punktschrift, blindenspezifische Techniken sowie lebenspraktische Fertigkeiten. Darüber hinaus erzieht es im größtmöglichen Umfang zur Selbständigkeit und beinhaltet ein Orientierungs- und Mobilitätstraining. In den Berufsschulen, die den Berufsbildungswerken angegliedert sind, wird die mittlere Reife in 3 Jahren erworben. Es findet am Schluss eine Prüfung vor ordentlichen Kammern und Behörden statt, was den gleichwertigen Charakter mit Regelberufsschulen charakterisiert. Es werden im einzelnen ein kaufmännischer, ein gewerblich-technischer und ein hauswirtschaftlicher Zweig angeboten. Außerdem ist eine Spezialausbildung im Bereich der Informatik möglich. Berufe, die innerhalb dieser verschiedenen Zweige für Sehbehinderte besonders in Frage kommen, sind z.B. der Telefonist im Bereich der Wirtschaft und Verwaltung, des weiteren Metalltechniker, Köche und Beiköche, Gärtner sowie im Bereich des Handwerks Korb-, Bürsten- und Pinselmacher.
  

Entscheidend bei der Versorgung von berufstätigen Sehbehinderten ist außerdem die Frage nach dem Schwerbehindertenausweis. Sollte der Patient trotz seiner Sehbehinderung noch über keinen Ausweis verfügen, so ist ihm eine Bescheinigung über Sehkraft und Diagnose mitzugeben, damit beim zuständigen Versorgungsamt ein Antrag gestellt werden kann. Das gleiche sollte bei Patienten mit vorhandenem Schwerbehindertenausweis erfolgen, bei denen sich die Sehkraft verschlechtert hat. Evtl. kann in einem solchen Falle eine höhere Einstufung bzgl. des Prozentranges und vorhandener Merkzeichen erfolgen. Der Schwerbehindertenausweis, der ab einem GdB von 50 ausgestellt wird, stellt für den Patienten einen Kündigungsschutz auch dann dar, wenn er erst kurz vor der Kündigung beantragt wurde. Bei einem GdB von 30-50% kann ein sog. Antrag auf Gleichstellung beim Versorgungsamt gestellt werden. Vorteil davon sind weniger soziale Hilfen in Form von Merkzeichen oder finanzieller Unterstützung, sondern vielmehr eine Erleichterung auf der Arbeitssuche durch das Arbeitsamt. Vom Arbeitsamt aus können dann weitere Maßnahmen der Arbeitserprobung und Berufsfindung getroffen bzw. ein finanzieller Zuschuss für den erhöhten Ausbildungsaufwand gewährt werden. Ein gewisses Arbeitsplatzkontingent, das von Arbeitgebern an Behinderte vergeben werden muss, steht auch Sehbehinderten zur Verfügung. Sollte dieses Kontingent nicht erschöpft werden, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, kompensatorisch eine monatliche Ausgleichsabgabe an die Fürsorgestellen zu zahlen. Mit diesen Mitteln können dann Sehbehinderte im Beruf z.B. mit verschiedenen Medien unterstützt werden. Des weiteren haben sehbehinderte Berufstätige Anspruch auf zusätzlichen Urlaub. Das ärztliche und nicht-ärztliche Personal in einer Ambulanz für vergrößernde Sehhilfen sollte mit all diesen Sonderregelungen und Möglichkeiten vertraut sein, um dem Patienten die maximale Information zukommen zu lassen. Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass im Falle der Berufsunfähigkeit verschiedene Leistungsträger für die Kosten aufkommen. Im Falle eines Kriegsdienst- oder Wehrdienstschadens sind es z.B. die Versorgungsämter, im Falle der Berufskrankheit bzw. des Arbeitsunfalls die Berufsgenossenschaften, in den übrigen Fällen die Rentenversicherung, das Arbeits- oder Sozialamt. Weitere Institutionen, die man bei der Beratung von Sehbehinderten berücksichtigen muss, sind die sog. Berufsförderungswerke (BFW). Dabei handelt es sich um Einrichtungen zur Umschulung von bereits berufstätigen Sehbehinderten. Bundesweit gibt es knapp 30 Institutionen mit etwa 15000 Ausbildungsplätzen. Den Sehbehinderten soll im einzelnen die berufliche Eingliederung erleichtert werden, indem spezielle Blindentechniken, wie etwa die Punktschrift, vermittelt werden. Darüber hinaus finden Schulungen am Arbeitsplatz und am Computer statt und es werden gezielte Umschulungsmaßnahmen vorgenommen in geeigneten Ausbildungswegen. Dazu gehören z.B. der kaufmännische Bereich, das Verwaltungswesen und der Metallbereich. Es sollte jedoch genau geprüft werden, welchem sehbehinderten Patienten man den Kontakt zum BFW eröffnen soll. Da die Umschulung über etwa 2 Jahre internatsmäßig durchgeführt wird mit Unterkunft in einem integrierten Wohnhaus, kommt z.B. eine solche Maßnahme für Sehbehinderte mit Familie nur bedingt in Frage.
  

Für sehbehinderte Kinder, Jugendliche und Berufstätige stehen also eine Reihe von Förderungsmaßnahmen zur Verfügung, welche eine optimale Ausbildung bzw. Integration ins Arbeitsleben ermöglichen. Es ist Aufgabe des Augenarztes, diese zu kennen und im Bedarfsfall gezielt bei den Patienten einzuleiten. Bei älteren Menschen sind es v.a. die sozialen Hilfen vom Staat, die im Vordergrund stehen. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem Schwerbehindertenausweis zu, der mit Angabe des Prozentranges das Ausmaß der Behinderung offenbart und spezielle Vergünstigungen zusätzlich mit einem Merkzeichen versieht. Aus diesem Grund sollte jede Befundverschlechterung beim Versorgungsamt angezeigt werden in Form einer Bescheinigung über Sehkraft und Diagnose, welche dem Patienten mitgegeben wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Patient auch die Hilfen wahrnehmen kann, die ihm aufgrund seiner Sehbehinderung zustehen. Im einzelnen handelt es sich dabei um Vergünstigungen im Post- und Fernmeldewesen in Form von Ermäßigungen der Telefongebühren sowie Gebührenbefreiungen für Rundfunk und Fernsehen. Der Patient erhält diese Hilfen ab einem Behinderungsgrad von 60% und führt im Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "RF".
  

Bezüglich des Postwesens kann man den Patienten dahingehend aufklären, dass Blindensendungen generell gebührenfrei sind, wenn sie als solche explizit gekennzeichnet sind.
  

Mit den Merkzeichen "G", "Bl", "B" und "H" hat der sehbehinderte Patient das Anrecht, unentgeltlich in den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert zu werden. Das Merkzeichen "B" bewilligt außerdem die kostenlose Mitnahme einer Begleitperson. Sollte der Patient von der Sehkraft her in einem Bereich liegen, der zum Bezug von Blindengeld berechtigt, so ist dies ebenfalls, sofern noch nicht geschehen, einzuleiten.
  

Ein weiterer "palliativer" Gesichtspunkt, den man bei hochgradig Sehbehinderten und Blinden bedenken sollte, ist die Inanspruchnahme von Pflegegeld bzw. einer Pflegekraft, wobei Blindheit allein noch keine Pflegebedürftigkeit darstellt. Dafür müssen noch schwerwiegende allgemeine Erkrankungen durch den Hausarzt oder Internisten bestätigt werden.
  

Sehbehinderte und blinde Patienten sind außerdem darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich auf der Straße als sehbehindert kennzeichnen müssen in Form eines Sehbehindertenabzeichens, einer gelben Armbinde, eines weißen Stockes oder eines Blindenhundes zusammen mit weißem Führungsgestell. Das ist gesetzlich vorgeschrieben und fördert die Rücksichtnahme anderer Passanten gegenüber dem Sehbehinderten. Auf der anderen Seite kann im Falle eines Unfalles bei Nicht-Kennzeichnung des Sehbehinderten dessen Versicherungsschutz erlöschen. Der Patient sollte in diesem Zusammenhang an den Deutschen Sehbehinderten- und Blindenbund verwiesen werden, der in allen größeren Städten mit einer Filiale vertreten ist. Er kann den betreffenden Patienten mit kennzeichnenden Objekten versorgen und ihm weitere Hilfen zur Alltagsbewältigung anbieten.
   

Bei Patienten, die optisch schwer zu rehabilitieren sind, empfiehlt es sich, den Kontakt mit der sog. Blindenhörbücherei herzustellen. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung, welche Texte auf Tonbänder gesprochen anbietet und diese kostenfrei als "Blindensendung" verschickt. Die Wahrnehmung dieses Service ist ebenfalls kostenlos und wird getragen vom Deutschen Sehbehinderten- und Blindenbund. Die Patienten können selber auswählen zwischen Tonbändern mit z.B. Weltliteratur, Romanen, Reiseliteratur, Sportberichten oder Zeitungskommentaren. Je nach ihrer persönlichen Neigung können sie sich mit diesem Angebot eine willkommene Abwechslung verschaffen und mühelos Texte auditiv über den Kopfhörer bewältigen. Auch die Seele sollte nicht zu kurz kommen, und auch in dieser Hinsicht gibt es einige Dinge, was man den sehbehinderten Patienten anraten kann. So ist z.B. der Aufenthalt in einem Kurzentrum zu empfehlen. Als Beispiel sei an dieser Stelle das Kur- und Begegnungszentrum Saulgrub in Oberbayern genannt, das sowohl Sanatorium als auch Rehabilitationseinrichtung ist. In wunderbarer Landschaft werden hier nicht nur für den sehbehinderten Patienten, sondern auch für dessen Partner Erholungs- und Freizeitaktivitäten angeboten, des weiteren Kuren wie Bäder, Massagen und Krankengymnastik. Zu bestimmten Zeiten durchgeführte Kurse sollen den Patienten in lebenspraktischen Fertigkeiten, in der Lebensführung oder in der Blindenschrift schulen. Vorträge und Gesprächskreise vervollständigen den Informationsbedarf der Sehbehinderten und helfen ihnen, mit der Behinderung sowohl im praktischen Leben als auch psychisch besser zurecht zu kommen.
   

Je nachdem, wie umfangreich der Patient, der sich in der Sehbehindertenambulanz vorstellt, bereits mit Hilfen und Kontakten versorgt ist, wird die Behandlung oder das Gespräch mit dem Patienten kürzer oder länger ausfallen. Es ist lediglich wichtig, alle oben aufgeführten verschiedenen Facetten in der Betreuung von Sehbehinderten zu kennen, abzufragen und ggf. auch einzuleiten. All das ist nicht nur Aufgabe des nicht-ärztlichen Personals, sondern auch ärztliche Aufgabe und Pflicht, wenn eine umfassende und vollständige Betreuung des Sehbehinderten geleistet werden soll. Im Zweifelsfall oder bei Zeitmangel im Umgang mit dem Patienten sollte dieser an eine spezialisierte Sehbehindertenambulanz einer Universitätsklinik und an den Deutschen Sehbehinderten- und Blindenbund verwiesen werden.
   

Dr. med. Stephan J. Fröhlich
Oberarzt der Augenklinik, Leiter der Ambulanz für vergrößernde Sehhilfen
Augenklinik der LMU
Mathildenstraße 8
80336 München
Tel.: 089 / 5160 3022
Fax: 089 / 5160 3043
E-Mail: sfroehli@med.uni-muenchen.de
  

Terminvergabe Ambulanz für vergrößernde Sehhilfen:
Tel.: 089 / 5160 3823
  

  

 

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