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Nicht verzagen sondern wagen - 3. - 3.3

  

3. Hören, Fühlen, Betasten und Riechen
   

Diese vier Fähigkeiten, vor allem die ersten drei haben jetzt für Sie, wenn Sie nichts oder fast gar nichts mehr sehen, sehr viel größere Bedeutung als früher. Sie lernen allmählich, die Informationen besser auszuwerten, die sie vermitteln.

  

3.1 Hören statt sehen und Stimmen unterscheiden
    

Hörten Sie früher etwas, so haben Sie, auch wenn Sie an sich wussten, was es war, automatisch hingesehen. Das können Sie jetzt nicht mehr. Aber im Allgemeinen wäre es auch früher nicht nötig gewesen.

Im Dunkeln haben Sie schon früher Ihrem Gehör vertraut. Auch haben Sie allein mit dem Gehör bemerkt, wenn mit Ihrem PKW oder Ihrer Spülmaschine etwas nicht stimmte, wenn Ihr Radio nicht optimal eingestellt war oder wenn sich beim Musizieren jemand verspielte. So gut ist Ihr Gehör! Sie werden lernen, sich seiner noch sehr viel mehr zu bedienen als bisher. Sie müssen nur mehr Vertrauen zu ihm haben. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie sich dabei einmal täuschen sollten.

Auf der Straße üben Sie Ihr Gehör, indem Sie versuchen, LKWs, Busse und Pkws voneinander zu unterscheiden.

Sie werden sich mehr und mehr daran gewöhnen, Menschen an der Stimme zu unterscheiden, können Sie Verwandte und Freunde doch sogar am Telefon erkennen, wenn sie nicht ihre Namen nennen. Erkennen Sie jemanden noch nicht an seiner Stimme, so scheuen Sie sich nicht, ihn nach seinem Namen zu fragen. Bitten Sie außerdem jeden, Sie selbst nicht nur mit "Guten Morgen" usw. zu grüßen, sondern Ihren Namen zu sagen; denn je mehr Sie von jemandem hören, desto leichter können Sie ihn aufgrund seiner Stimme identifizieren. Er wird gewiss Verständnis dafür haben.

Im Laufe der Zeit werden Sie übrigens auch mehr und mehr erkennen, in welcher Stimmung Ihr Gesprächspartner sich gerade befindet.

Sprechen Sie mit jemandem, so denken Sie nicht, Sie müssten ihm jetzt, weil Sie ihn nicht mehr sehen, Ihr Ohr zuwenden. Richten Sie vielmehr nach wie vor Ihre Augen auf ihn und beachten dabei auch, ob er wesentlich größer oder kleiner ist als Sie. Nur dann wird er sich wirklich angesprochen fühlen.

Sie können auch hören, aus welcher Richtung eine Stimme kommt und ob der Sprecher Ihnen oder jemand anderem sein Gesicht zuwendet.

Da Sie jetzt auf besonders gutes Hören angewiesen sind, brauchen Sie möglicherweise Hörgeräte. Haben Sie einmal gelernt, sie einzusetzen, so ist der Umgang mit ihnen einfach und ihre Benutzung für Sie, je nach dem Grad Ihres Hörverlustes, eine mehr oder weniger große Erleichterung. Sie sollten sie sich sogar dann verordnen lassen, wenn Sie beim Rundfunkhören oder Fernsehen nicht mehr alle Menschen gleich gut verstehen.

  

3.2 Fühlen und Betasten statt Sehen
  

Was Sie mit den Händen taten, haben Sie früher, soweit das möglich war, automatisch mit den Augen kontrolliert, obwohl das meist entbehrlich gewesen wäre. Sie werden, wenn nicht längst geschehen, alsbald merken, wie viele Informationen Ihr Tastsinn Ihnen auch so vermittelt. Sie haben vieles auch früher schon im Dunkeln getan oder gesucht, haben auf dem Rücken einen Knopf geschlossen, einen Reißverschluss zugezogen oder gar eine Schleife gebunden, haben etwas in der Mantel- oder Jackentasche gesucht und in einem Kleidungsstück die Ärmellöcher gefunden; und wenn Sie früher gehandarbeitet haben: Was haben Sie nicht alles mit Ihren Fingern gemacht, ohne dauernd hinzusehen! Erinnern Sie sich jetzt an alles das! So, wie Sie früher des Nachts einen Schalter fanden, können Sie jetzt auch eine Türklinke, das Schlüsselloch, eine Steckdose oder den Wasserhahn finden!

Benutzen Sie aber zum Arbeiten nach Möglichkeit beide Hände! Einen kleinen Gegenstand, den Sie noch nicht kennen, nehmen Sie zwar später in nur eine Hand, benutzen aber, um Ihn vor Ihrem geistigen Auge richtig entstehen zu lassen, beide Hände.

Betasten Sie auch Gegenstände, die Sie unterscheiden wollen, sorgfältig mit beiden Händen, um sich ihre Form und ihre sonstigen Merkmale genau einzuprägen.

Lassen Sie sich beim Betasten außerdem Zeit! Ein nur flüchtiges Hingreifen lässt leicht einen falschen Eindruck entstehen. Scheuen Sie sich auch nicht, darum zu bitten, Ihnen Gegenstände, die anderen nur gezeigt werden, in die Hand zu geben!

Sie brauchen Ihren Tastsinn jetzt unter anderem, um

- Kleidungs- und Wäschestücke, kleine Schlüssel, Münzen, Medikamente usw. voneinander zu unterscheiden;

- zu fühlen, ob eine Fläche, auf die Sie etwas legen, auf der Sie arbeiten oder auf die Sie sich setzen wollen, sauber, trocken, klebrig, krümelig oder staubig ist;

- zu prüfen, ob Gemüse frisch oder welk ist, Obst schon weiche und damit vielleicht schlechte Stellen hat usw., und

- beispielsweise Pfirsiche, Nektarinen und Tomaten zu unterscheiden.

Nehmen Sie, um Ihren Tastsinn zu üben, möglichst viele kleine Gegenstände in die Hand und versuchen, gleichartige, wie etwa kleine Schlüssel und Münzen, an ihren Feinheiten zu unterscheiden. Wollen Sie Ihr Unterscheidungsvermögen noch weiter trainieren, so können Sie

- unsere acht Münzen genau betasten, mit dem Fingernagel die durchgehende bzw. unterschiedliche Riffelung der 2- und 1-Euromünzen feststellen, mehrere Sätze mischen und in acht Gefäße sortieren und

- mit Erbsen, Bohnen, Linsen, Reis, Erdnuss-, Kürbis- und Sonnenblumenkernen ebenso verfahren.

Auf manchem Bezugsstoff können Sie ein Muster fühlen und mit den Fingern verfolgen, ebenso auf Häkeldecken. Im Kleiderschrank betasten Sie die Stoffe und die Machart Ihrer Kleidung. Von den meisten wissen Sie noch, wie sie aussehen. Jetzt wissen Sie auch, wie sie sich anfühlen und können die geistige Verbindung zwischen Ihrem Tasteindruck und Ihrer Seherinnerung herstellen. Danach können Sie sich dann auch ein für allemal vorstellen, wie ein neues Kleidungsstück aussieht, das Sie kaufen wollen und das man Ihnen farblich gut erklärt. Wo sich Stoffe gleich anfühlen, unterscheiden Sie Kleidungsstücke, wenn nicht an ihrer Machart, so vielleicht an Einzelheiten, wie etwa der Zahl der Knöpfe, dem Sitz des Reißverschlusses usw. Suchen Sie danach!

Haben sie geschliffene Gläser, Vasen oder Teller, so versuchen Sie, deren Schliff genau abzutasten!

Am Besten üben Sie Ihren Tastsinn natürlich, indem Sie die Blindenschrift lernen ( s. u. zu 4.1 ). Trauen Sie sich das (noch) nicht zu und haben früher Karten gespielt, so lassen Sie sich von einem Hilfsmittelanbieter wenigstens ein Kartenspiel mit großen tastbaren Symbolen schicken und sortieren die Karten immer wieder neu nach ihrem Wert, nachdem Sie sie vorher gründlich gemischt haben.

Haben Sie früher mit den Händen gearbeitet, so bedarf es einer gewissen Zeit, bis die Haut an den Fingerspitzen wieder weich ist. Verlieren Sie trotzdem nicht den Mut!

Sie werden staunen, was Sie auch mit Ihren Füßen wahrnehmen können, vor allem, wenn Sie nur in Strümpfen oder gar barfuss gehen. Mit nackten Füßen merken Sie sogar, ob Ihre Küche schon wieder gefegt werden muss. Aber geben Sie Acht, sich nicht die Zehen zu stoßen. Besonders gefährlich sind Stuhlbeine. Am besten drehen Sie in deren Nähe die Füße immer etwas nach innen.

  

3.3 Riechen statt Sehen
   

Der Geruchssinn hilft Ihnen, zwischen Zahnpasta und Hautcreme zu unterscheiden. Er kann Ihnen auch sagen, was in einer Tasse oder einer Schüssel ist, ob Sie schon Milch im Kaffee haben usw. Unterwegs hilft er Ihnen an manchen Stellen, wie etwa vor einer Bäckerei oder Apotheke, sich zu orientieren. Und er kann Ihnen helfen, sich weiterhin an Blumen zu freuen.
   
 

  

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