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Professionell helfen - 2.4 - 2.8

2.4 Leben in der Hausgemeinschaft
  

Führen Sie Ihr Heim in der Form einer Hausgemeinschaft, so können selbst Sehgeschädigte bei der Essenszubereitung helfen, wenn eine Lehrerin für lebenspraktische Fähigkeiten ( s. o. zu 1.6.4 ) es ihnen zeigt. Deren Aufgabe kann es weiter sein, ihnen alles zu vermitteln, was in einem traditionellen Heim Aufgabe der Beschäftigungstherapeutin wäre ( s. u. zu 2.6.3 ).
  

Wo Ihre Bewohner üblicherweise ihre Apartments selbst pflegen, sollten auch Sehgeschädigte es tun, wobei die Lehrerin sie gleichfalls anleiten kann. Ob sie es ebenso ordentlich machen wie Sehende, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass sie aktiv bleiben und auf diese Weise zugleich ihren Tag strukturieren.
  

Bei allem, was die Lehrerin vermittelt, sollte, wenn ihr Bewohner damit einverstanden ist, wiederum eine Mitarbeiterin zugegen sein, um mit ihm, soweit nötig, später nacharbeiten zu können und um auch für andere zu lernen.

  

2.5 Mit sehgeschädigten Heimbewohnern kommunizieren
   

Über das hinaus, was ich oben zu 1.4.2 und 1.4.3.9 über Kontaktschwierigkeiten und die offene Altenhilfe gesagt habe, gilt speziell für Altenheime, insbesondere traditionelle:
  

2.5.1 Begrüßung
  

Begrüßen Sie einen Sehgeschädigten, dem Sie begegnen, mit seinem Namen, dann weiß er, dass nicht ein anderer gemeint ist, und erkennt Sie außerdem eher an Ihrer Stimme, als wenn Sie nur "Guten Morgen" sagten. Begrüßen Sie ihn auch am Nachmittag wieder, weil er sonst nicht wissen kann, wen er an sich vorbeigehen hört. Begrüßen Sie ihn ebenso, wenn Sie zufällig gemeinsam den Lift oder die Treppe benutzen.
 

Werben Sie bei Ihren Mitarbeiterinnen und den Heimbewohnern dafür, in alledem ebenso zu verfahren. Halten Sie Ihre Mitarbeiterinnen überdies an, stets etwas zu sagen, wenn sie den Raum eines Blinden betreten: Wer etwas bringt, muss ihm ohnehin erklären, was es ist und wohin er es stellt, damit der Bewohner sich bedienen kann, aber nichts umwirft.

 

2.5.2 Kommunikation zwischen sehenden und sehgeschädigten Heimbewohnern
   

Die sehenden Bewohner werden oft nicht wissen, dass der Betroffene sie nicht sieht oder jedenfalls nicht erkennt und sie ihn deshalb ihrerseits ansprechen müssen. Werden Sie bitte nicht müde sie daran zu erinnern, damit der Sehgeschädigte in ihre Gemeinschaft integriert bleibt.
 

Erklären Sie aber umgekehrt dem Sehgeschädigten, dass er grüßen sollte, wenn er in einen Raum oder an einen Tisch kommt, auch wenn er nicht weiß, ob dort schon jemand ist. Das gilt insbesondere im Speisesaal.
 

In einer Gruppe ohne feste Sitzordnung sollte der Sehgeschädigte wissen, wer in einer Stuhlreihe neben ihm oder wer mit ihm am Tisch sitzt. Achten Sie darum bitte darauf, dass die anderen ihn ansprechen, machen ihm selbst aber Mut, seinerseits zu fragen, wer um ihn sei.

 

2.5.3 Spiele für Sehgeschädigte
   

Solche Spiele sind derart gestaltet, dass Sehende und Sehgeschädigte gemeinsam spielen können. Bitte suchen Sie mit ihren sehgeschädigten Bewohnern danach unter  www.deutscherhilfsmittelvertrieb.de und www.blindenhilfsmittel-sachsen.de.
  

Brettspiele in besonders guter Qualität erhalten Sie bei Herrn Gießler, der selbst blind ist (Tel.: 04832 / 6004298, E-Mail: hgiessler@web.de ).

 

2.6 Zur Förderung der körperlichen und geistigen Fitness

2.6.1 Gymnastik
   

Insoweit verweise ich in erster Linie auf das Ganzkörpertraining in Teil 3 meines Ratgebers für erfolgreiches Altern.
  

Blinde Heimbewohner können aber auch an Ihren Gymnastikangeboten teilnehmen.
  

Wo gelaufen wird, können sie es auf der Stelle tun, wenn nicht Sehende sie mitnehmen. Zeigen Sie ihnen dann bitte einen Anhalt, damit sie nicht ihren Platz verlieren. Neue Übungen erklären Sie ihnen bitte.

  

2.6.2 Hallenschwimmbad
 

In ihm tragen Blinde eine "Schwimmstrippe". Sie ermöglicht es ihnen, auf engstem Raum zu trainieren, niemanden anzuschwimmen und nicht unter ein Sprungbrett zu geraten. Sie besteht aus einem Hüftgurt, an dessen Rücken ein in der Länge verstellbares Gummiband befestigt ist, welches am anderen Ende je nach Ausführung einen größeren oder kleineren Saugnapf zur Befestigung am Beckenrand hat. So können Blinde nach Herzenslust schwimmen, ohne ihren Platz zu verlassen. Erhältlich ist die Schwimmstrippe unter www.schwimmstrippe.de.

 

2.6.3 Beschäftigungstherapie
  

Nicht alles, was Beschäftigungstherapeutinnen anbieten, eignet sich auch für Blinde. Aber eine kreative Sozialpädagogin wird sich von Fall zu Fall sicher zu helfen wissen. So hätte sie die Möglichkeit,

- Sehgeschädigte mit dem Daisy-Player vertraut zu machen,

- den Tastsinn Blinder zu üben ( s. o. zu 1.1 und o. zu 1.5.4 ),

- Blinde, die nach "Nicht verzagen" Kap. 4.1 die Blindenschrift lernen wollen, mit dem Gebrauch der dort erwähnten   Maschine vertraut zu machen und

- mit Sehgeschädigten den Gebrauch anderer Hilfsmittel, insbesondere der oben zu 2.5.3 erwähnten Spiele zu erklären.

 

2.6.4 Begleitung auf Spaziergängen und bei anderen Gelegenheiten
 

Bitte, versuchen Sie, geeignete Mitbewohner dafür zu gewinnen, Sehgeschädigte auf Spaziergängen sowie in Kultur- und Gemeindeveranstaltungen mitzunehmen und oder sie sogar in die Veranstaltungen des örtlichen Blinden -und Sehbehindertenvereins zu begleiten. An den letzteren teilzunehmen ist für Ihre sehgeschädigten Bewohner wichtig, weil sie dort mit anderen Sehgeschädigten Erfahrungen austauschen können. Bietet sich keine Begleitung an, so könnten Ihre Bewohner eine Fahrgemeinschaft bilden. In Kulturveranstaltungen brauchen Sehgeschädigte vielfach für Ihre Begleitung keinen Eintritt zu zahlen und haben im öffentlichen Personenverkehr die Begleitung frei. Auch über die Heimgrenzen hinaus kann der Erfahrungsaustausch hilfreich sein.

  

2.7 Was Sie sonst noch beachten sollten

2.7.1 Ordnung halten
  

Für Sehgeschädigte ist wichtig, dass jedes Ding seinen festen Platz hat. Bitte, sagen Sie das Ihrem Personal.

  

2.7.2 Hilfe, wo nötig, aber sonst nicht!
 

Seien Sie nicht frustriert, wenn jemand aus seiner Freude darüber, Dinge allein tun zu können, wohl gemeinte Hilfe ablehnt.
 

Machen Sie Sehgeschädigte auf Flecken in Ihrer Kleidung aufmerksam und sagen ihnen sogleich, wer sie wann beseitigen könnte. Sprechen Sie sie auch an, wenn Kleidungsstücke farblich nicht zueinander passen. Nur so geben Sie ihnen die Sicherheit, dass, wenn nichts gesagt wird, alles in Ordnung ist.

  

2.7.3 Wie bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit verfahren?
 

Sehgeschädigten, die krank oder pflegebedürftig sind, reichen Sie Tabletten ebenso dar wie Sehenden und sagen, wo sich das nicht von selbst versteht, um welche Tabletten es sich handelt. Müssen Sie ihnen eine Spritze geben, Blut abnehmen oder eine Wunde versorgen, so sagen Sie im Voraus, was geschieht. Ihr Patient könnte sich sonst erschrecken oder eine ängstliche oder ungeschickte Bewegung machen und sich dadurch verletzen. Denken Sie ganz vorsorglich daran, dass er sich auch beim Waschen erschrecken könnte, wenn das Wasser nicht warm genug ist. Er sieht ja nicht, wann Sie ihn mit dem Waschlappen berühren werden. Zum Essen sollte er, wenn eben möglich, aufstehen. Lassen Sie ihn, solange er noch selbst das Besteck zum Mund führen kann, auf gar keinen Fall füttern; denn das muss ihn demütigen und vor sich selbst als hilflos erscheinen lassen.

  

2.7.4 Umgang mit Schriftstücken
   

Schriftstücke, die ein sehgeschädigter Heimbewohner zur Kenntnis nehmen oder gar unterschreiben soll, lassen Sie ihm von einer Mitarbeiterin vorlesen, die zuverlässig ist und sich vergewissert, dass er den Inhalt richtig verstanden hat; denn wer früher selbst gelesen hat, kann Mühe haben, bloß Gehörtes zu verstehen.
 

Weisen Sie Ihren Klienten darauf hin, dass seine Unterschrift ebenso verbindlich wie die eines Sehenden ist.

 

2.7.5 Zum richtigen Gebrauch der Blindenhilfe
  

Wer blind im Sinne des Gesetzes ist, erhält, wie oben zu 1.4.1 beschrieben, einen finanziellen Ausgleich für die Nachteile, die die Blindheit mit sich bringt. Für Heimbewohner sind das u. a. Taxikosten, Honorare für Vorleser, Begleiter und andere Helfer, gelegentliche Trinkgelder, Telefongebühren und Aufwendungen für Hilfsmittel. Bitte, sorgen Sie behutsam mit dafür, dass, wer Blindenhilfe erhält, sie auch tatsächlich für solche Zwecke ausgibt und auf diese Weise seine Lebensqualität erhöht, statt sie für seine Erben zu sparen oder im Übermaß für Alkohol auszugeben.

 

2.8 Woran Sie den Eintritt einer Sehbehinderung erkennen
  

Da Ihre Bewohner ohnehin mindestens zur Früherkennung von grünem Star ( s. o. zu 1.2.2 ) einmal jährlich einen Augenarzt aufsuchen sollten, mag hier der Hinweis genügen, dass jemand möglicherweise

- das Lesen aufgibt oder das Lesegut in auffälliger Weise hält

- Schwierigkeiten beim Erkennen von Menschen hat und sie darum gelegentlich verwechselt

- Schwierigkeiten hat, Gegenstände zu erkennen oder richtig zu ergreifen oder den Kopf ungewöhnlich hält, um sie besser zu sehen

- vor Türen oder andere Hindernisse läuft

- ängstlich dicht an Wänden entlanggeht

- sich verläuft, weil er eine Stockwerks- oder Zimmernummer nicht erkennt

- Flecken auf seiner Kleidung übersieht oder Kleidungsstücke trägt, die farblich nicht zueinander passen

- übersieht, dass etwas an ihm nicht in Ordnung ist, was er eigentlich im Spiegel hätte erkennen müssen

- Schwierigkeiten beim Essen hat oder

- sich in der Zeit irrt, weil er Mühe hat, die Uhr zu erkennen.
  

Für sich allein können einzelne solcher Umstände zwar auch auf den Beginn einer Demenz hindeuten. Leidet aber jemand auch nur möglicherweise an einem Sehverlust, so ist geboten, sofort einen Augenarzt aufzusuchen, um diese Möglichkeit auszuschließen, den etwaigen Prozess der Erblindung möglichst lange aufzuhalten oder eine getrübte Linse möglichst schnell durch eine künstliche ersetzen zu lassen.

  

  

  
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